Ratingen: Großgefängnis ist 2010 fertig
Rund 850 Häftlinge werden an der Oberhausener Straße unterkommen – bestens gesichert.
Ratingen. Normalerweise freut sich ein Bürgermeister, wenn in seiner Stadt der erste Spatenstich für ein 120-Millionen-Euro-Projekt realisiert wird. Bürgermeister Harald Birkenkamp macht in seiner Ansprache anlässlich des offiziellen Baubeginns für das Großgefängnis an der Oberhausener Straße im Ratinger Süden aber keinen Hehl daraus, dass seine Freude über die Baumaßnahme "ein wenig verhalten" sei.
"Es ist kein Geheimnis, dass wir uns in Ratingen nicht gerade darum beworben hatten, JVA-Standort zu werden." Umso weniger, als das Areal als Gewerbefläche für die Stadt eine enorme Bedeutung hatte. Dass man die Pläne des Landes nicht bedingungslos akzeptieren konnte, sei deshalb ein "Gebot der Daseinsvorsorge" gewesen.
Der Rest der Geschichte ist bekannt: Nach zähen Verhandlungen bekam die Stadt für ihre Zustimmung zum Neubau 2,5 Millionen Euro als Einmalzahlung sowie einen jährlichen Erbpachtzins von rund 230000 Euro - 60Jahre lang. Zudem durfte die Stadt als Ersatz für die verloren gegangene Gewerbefläche an anderer Stelle Flächen ausweisen:
Nur so war etwa die Ansiedlung des neuen Esprit-Outlet im Ratinger Osten möglich. Birkenkamp: "Unterm Strich ist die Stadt Ratingen aus dem Verfahren eindeutig wirtschaftlich gestärkt hervorgegangen."
Vertraglich geregelt wurde übrigens auch, dass der Name des neuen Großgefängnisses keinen Bezug zu Ratingen haben darf. Es heißt folglich "JVA Düsseldorf", obwohl es auf Ratinger Boden liegt.
Beim offiziellen ersten Spatenstich mit Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter und Vertretern des Bau- und Liegenschaftsbetriebes NRW (BLB), waren gestern alle Querelen vergessen. Optimismus war Trumpf:
Die Justizministerin versicherte angesichts "der verständlichen Ängste in der Bevölkerung", dass man die baulichen und technischen Standards erheblich verbessert habe und von Anfang an auf neueste Sicherheitstechnik setze.
Das 120 Millionen Euro teure Gefängnis mit rund 850 Haftplätzen werde von außen durch eine "hohe und stabile" Mauer gesichert, ein zusätzlicher "Ordnungszaun" samt Kameraüberwachung soll Unbefugte auf Distanz halten.
Im Innenbereich werde parallel zur Außenmauer ein Sicherheitszaun mit Detektoren angelegt. Der Sicherheit dienen auch die verbauten Hightech-Materialien: Spezialstahlbeton fürs Gebäude, ultraharter Manganstahl für die Gitter. Nach der Fertigstellung wird man rund 850 Häftlinge in Untersuchungshaft und Strafvollzug unterbringen können.
Abgesehen von wenigen Gemeinschaftszellen gibt es überwiegend Einzelzellen, die mit zehn Quadratmetern größer sind als die in der "Ulmer Höh" und zudem über eine Nasszelle verfügen. Die Nutzfläche von 25000 Quadratmeter umfasst nicht nur vier große Hafthäuser, sondern auch geräumige Werkstätten, eine Sporthalle sowie ein Freizeitzentrum mit Begegnungsraum, Kapelle und einem "multireligiösen" Raum.
Die Vorbereitungen für den Neubau laufen seit Monaten. Schwere Bagger räumten die Gebäudereste der britischen Rheinarmee ab. Bei der Sprengung eines Silohauses kam es jetzt zu einer Panne:
Das Gebäude widerstand dem Sprengstoff und sorgte mit seiner Schieflage gestern für manch spöttische Bemerkung. Keine Kompromisse ging man ein, nachdem auf dem Gelände geschützte Zauneidechsen gefunden wurden: Viele wurden eingesammelt und umgesiedelt, außerdem hat man für die Überwinterungszeit Schutzzonen auf der Baustelle eingerichtet.