Ratingen: Lieber Park als Politik

Menschen: Horst Becker war lange der Mittelpunkt des öffentlichen Lebens in der Stadt jetzt zieht er sich ganz zurück.

Ratingen. Strahlender Sonnenschein, Stille, die nur von Vogelgezwitscher durchbrochen wird und ein Meer aus blühenden Blumen und Büschen - der Poensgenpark ist derzeit eine wahre Idylle. Auf einer der Bänke mitten im Park sitzt Horst Becker und genießt den Blick auf die Wiese und die vielen Bäume. "Einfach herrlich hier, allein schon wie es duftet", schwärmt er.

In Ratingen gibt es viele schöne Ecken, aber am stärksten zieht es den FDP-Fraktionschef und langjährigen TV Ratingen-Vorsitzenden in den Park am Cromford-Museum und auf die schönen Wege hin zur Wasserburg Haus zum Haus.


"Wenn ich Besuch von auswärts habe, dann zeige ich denen immer zuerst den Poensgen-Park und die Wasserburg, danach das Grachtenviertel und dann erst die schöne, historische Innenstadt", erzählt er. Hier in der Natur zeige Ratingen einfach seine schönste Seite, und zweifellos auch eine Geschichtsträchtige.

Doch wenn es um die Geschichte von Ratingen in den letzten Jahrzehnten geht, dann könnte Horst Becker wohl ganze Bücher füllen. "1975 haben sie mich in Ratingen nur den Kommissar genannt", schmunzelt Becker. Jüngere Ratinger Bürger werden es kaum noch wissen, aber damals hatte Ratingen vorübergehend keinen Stadtrat. 1974 wurden Lintorf, Hösel und Homberg nach Ratingen eingemeindet.

Ein halbes Jahr lang bestimmte so Horst Becker als sogenannter "Beauftragter für die Wahrnehmung der Geschäfte des Rates" das Ratinger Geschehen. "Ich habe mich natürlich mit den anderen Parteimitgliedern abgesprochen, aber damals wurden etwa 600 Beschlüsse gefasst", erinnert sich Becker.

Dabei war Ratingen eigentlich nur seine zweite Liebe. Lange wohnte er in Düsseldorf, arbeitete dort bei der Sparkasse und kam erst 1963 durch seine Heirat nach Ratingen. "Zuerst war es nur meine Schlafstadt, aber dann habe ich mich doch schnell wohl gefühlt", erzählt er.

Und schon früh engagierte er sich politisch, jedoch nur auf kommunaler Ebene. "Landes- oder Bundespolitik sind mir viel zu anonym." Seit seinen Anfängen in der Ratinger Politik hat sich die Stadt stark verändert. "Damals war das Rathaus noch im heutigen Kino, das heutige Rathaus und die Stadthalle wurden ja erst in den 70ern gebaut."

Auch die Menschen haben sich seitdem verändert, findet Becker: "Damals hat man sich mehr engagiert, heute sind die Leute enttäuscht von der Politik." Dennoch sieht Horst Becker die Zukunft positiv. "So lange sich Menschen ehrenamtlich engagieren und die Infrastruktur der Stadt stimmt, Schulen und die Integration zum Beispiel, so lange sehe ich optimistisch in die Zukunft."

Wenngleich die Zukunft von anderen bestimmt werden wird. Im September gibt Horst Becker auch den Fraktionsvorsitz ab und will sich ganz der Familie widmen: "Die Enkelin zum Reitunterricht bringen und meinen Sohn und seine Familie in Vietnam besuchen."