Breitscheiden: Der im Hintergrund wirkt
Macher: Klaus Gotzen ist Geschäftsführer verschiedener Industrieverbände – und fast ein Diplomat.
Breitscheid. Es ist so etwas wie eine Botschaft, die da in dem unscheinbaren Büro im Breitscheider Industriegebiet residiert. Nur zwei Mann und eine Assistentin - doch sie repräsentieren ein ganzes Reich.
Mehrere tausend Mitarbeiter gehören ihm an, und eine Wirtschaftskraft, die in die Milliarden geht. Klaus Gotzen ist einer der beiden Botschafter. Dem Titel nach Rechtsanwalt, doch zwischen seinem gediegenen Holzschreibtisch und hohen Bücherregalen pflegt er ganz den Habitus des Diplomaten.
Sein Händedruck ist fest, der Blick ruhig und wachsam. Mit sonorer Stimme sagt er Sätze wie: "Der Ruf deutscher Waffen ist international sehr gut", oder: "Es ist nicht nachvollziehbar und auch nicht hinnehmbar, dass das zu Lasten einer kleinen Branche geht."
Die "kleinen Branchen", die er da meint, sind vor allem die Hersteller von Munition und zivilen Waffen sowie die Feuerwerks-Industrie. Außerdem wären da noch die Fachgruppe Einkaufswagen und ein Mini-Verband, bei dem selbst dessen Chef kurz nachdenken muss, bis er den Namen parat hat: "Viehbetäubungs-, Kabelkerb- und Schussgeräte".
Wer jetzt lacht, tut ihm unrecht. Rund 400 Millionen Euro Umsatz machen die Firmen in seinen Verbänden - ohne die Lobbyarbeit wären es ein paar Millionen weniger. Gotzen gibt der Branche eine Stimme - und vor allem einen Kopf. Kostprobe gefällig?
Bitte: Eine neue Chemieverordnung der EU zwingt alle Hersteller von chemischen Produkten, ihre Inhaltsstoffe bewerten und registrieren zu lassen. Das soll nun auch für Pyrotechnik gelten. Angesichts des Aufwandes eine Katastrophe für die Hersteller, warnt Gotzen. Außerdem nicht einzusehen: "Was macht Feuerwerk denn aus? Doch die Hüllen, die Stäbe, Kugeln, die Effekte, nicht die bloße Chemikalie!"
Gefahr droht auch durch die Novelle des Waffengesetzes: Der vorläufige Text sieht vor, dass Waffen-importierende Länder zusätzliche Papiere für jede Waffe erbringen müssen. Doch deutsche Waffen werden besonders gerne von Amerikanern gekauft.
"Und die geben keine Auskunft über ihre Importe." Das Geschäft käme also zum Erliegen, fürchtet Gotzen und macht das, was Lobbyisten in solchen Fällen zu tun pflegen: Er sucht den Kontakt zur Politik. Ein dichtes Netzwerk aus Kontakten hat er sich im Laufe von zwölf Jahren aufgebaut.
Gotzen fährt dann oft von Ratingen nach Berlin oder Brüssel und trifft sich dort mit Staatssekretären oder den Experten der Parteien, die für sein Thema zuständig sind. Doch warum sollten die auf ihn hören? Fachwissen und gute Argumente sind das eine. "Wichtig ist auch, dass man keine überzogenen Forderungen stellt und sich als verlässlicher Ansprechpartner erweist."
Manchmal sind die Erfolge auch schwer messbar. Einer könnte sein, dass heute der Satz "Brot statt Böller" unpopulär geworden ist. "Wir haben viele Gespräche mit Spendenorganisationen geführt", erklärt Gotzen. Der Tenor: Spenden und knallen schließen sich nicht aus. "Am besten ist, man tut beides."
Wenn er gerade nicht damit beschäftigt ist, das große Rad mitzudrehen, gibt es für Gotzen auch in Ratingen genug zu tun: Mitgliederversammlungen organisieren, Rundbriefe schreiben oder praktische Hilfestellung geben.
Aktuell sorgt sich Gotzen zum Beispiel darum, dass bis zum Jahreswechsel nicht genug Feuerwerk nach Deutschland kommt. Das Problem sind - wer hätte das gedacht - die Olympischen Spiele. Hauptlieferant China hat mal eben beschlossen, aus Sicherheits- und Imagegründen bis Oktober keine Feuerwerkstransporte zu genehmigen.
Sollten die Regale leer bleiben, fände das auch der Privatmann Gotzen sehr schade. Denn der knallt gerne. Und das sagt er nicht von Berufs wegen. Im gleichen Atemzug gibt er nämlich auch zu: "Mit Waffen hatte ich nie Berührungspunkte. Ich bin weder Jäger noch Schütze."