Bevormundung oder Befreiung?
Ab Dienstag gilt das Rauchverbot in Kneipen. Die WZ hörte sich in den Gaststätten um.
Wülfrath. Schwer hängt der blaue Dunst in den Wülfrather Kneipen. Keinen scheint’s zu stören - im Gegenteil: Genüsslich wird inhaliert. Überall glimmen sie: Zigarren, Pfeifen, Zigarillos und Zigaretten.
Ein Bild, wie man es nicht anders in Kneipen kennt, überall dort, wo das kühle Bier bei einer Zigarette nach Feierabend genossen wird. Hüstelnde Nichtraucher, sich die Augen reibende Bedienungen werden in der Regel ignoriert.
"Leute, die es stört, brauchen ja nicht in eine Kneipe zu kommen. Die bleiben halt zu Hause", vertritt Arno Tobacki seinen Standpunkt. Für den Stammgast im K5 am Kirchplatz gehört der Zigarettenqualm in Kneipen für ihn so dazu wie das verdiente Bier auf seinem Tisch.
Doch ab Dienstag wird ihm das Nichtrauchergesetz einen Strich durch die Rechnung machen. Dann heißt es: Wer qualmen will, muss draußen bleiben.
Viele Wirte sind beunruhigt: Die Stammgäste werden nicht so einfach auf den Glimmstängel verzichten wollen. So auch Erhard Küster: "Dann bleibe ich lieber ganz zu Hause. Ich renne doch nicht für jede Zigarette vor die Tür."
Geselligkeit, Spaß haben, rauchen - das alles gehört für ihn irgendwie zusammen. Über das Nichtrauchergesetz ist er empört: "Das ist Bevormundung." Sei das Rauchverbot in Restaurants noch nachvollziehbar, gehe es in Kneipen zu weit: "Das Essen muss nun wirklich nicht nach Nikotin schmecken. Aber in Kneipen ist es etwas anderes. Das wird den Wirten noch spürbar nahe kommen", glaubt Marius Riedel.
Andere können den 1.Juli kaum noch abwarten: Zum Beispiel Domenica Latorre, die als Kellnerin im Eiscafé Paciello arbeitet. "Im Winter war es hier für eine Nichtraucherin wie mich furchtbar: Tränende Augen und dauernd dieser stechende Geruch in der Nase."
Um keine Kunden zu verlieren, soll es bei Paciello eine zweigeteilte Lösung geben. Die Raucher können im hinteren Raum immer noch ihrer Zigarette frönen, während die Nichtraucher im vorderen Teil ihr Eis rauchfrei genießen können.
"Es wird trotzdem am Anfang schwer sein, alle Gäste zu halten. Die meisten würden einfach lieber an ihrem Stammplatz am Fenster sitzen", sagt Domenica Latorre.
Auch im "Alten Rathaus" wird es zukünftig einen abgetrennten Raucherbereich geben. So müssen Betreiber Matthias Balke und Silja Martin zusammen mit ihren hauptsächlich rauchenden Kunden nicht auf die Zigarette am Tresen verzichten.
Den Ein-Raum-Kneipen bleibt diese Möglichkeit nicht: In der "Zille" ist beispielsweise kein Platz für Abtrennungen vorhanden. "Deutschland ist übers Ziel hinausgeschossen.
Der Nichtraucherschutz ist zwar wichtig, aber die persönliche Entscheidungsfreiheit ist wichtiger", findet Besitzer Stefan Haake und hofft auf eine Ausnahmeregelung für Ein-Raum-Kneipen, die ihn vor wegbleibender Kundschaft bewahrt.