Ratingen: Jurassic Park am Blauen See?

Dem bisherigen Pächter wurde gekündigt. Unter Hochdruck läuft jetzt die Suche nach der zündenden Idee für das Gelände.

Ratingen. Marleen Item fühlt sich hilflos. Seit sie am Blauen See ihr Indianercamp "Citiescape" aufgeschlagen hat, leidet sie unter Mängeln, die sie nicht zu verantworten hat: verwaiste Gastronomie, verrottende Gebäude, eine lieblose Ausstattung. "Wir müssen uns bei unseren Besuchern immer für die Zustände im Park entschuldigen, auch für die Parkplatzgebühren."

Für beides ist seit 2003 die Firma Woodland zuständig, Gesellschaft für Naturerlebnis und Freizeitparks, die das gesamte Gelände vom Grafen von Spee gepachtet hat. Doch passiert ist in den fünf Jahren nicht viel. Der Blaue See blieb ein touristischer Gemischtwarenladen, die Infrastruktur verfiel zusehens und die Verantwortlichen von Woodland machten sich rar.

"Es ist praktisch unmöglich, dort jemanden zu erreichen", hat Thomas Kohnen-Klimmeck festgestellt, der mit seiner Frau Heike den Märchenzoo betreibt. Auch für die WZ-Redaktion hatte Woodland-Geschäftsführer Thomas Bohl keine Zeit. Was die Pächter zusätzlich verunsicherte: Stets gab es für sie nur Ein-Jahres-Verträge, die oft erst in letzter Sekunde verlängert wurden.

"Da fallen Investitionen schwer, wenn man nicht weiß, was im nächsten Jahr ist", meint Marleen Item. Gesucht ist ein langfristiges, sozial- und umweltverträgliches Konzept Nun findet das Kapitel Woodland ein definitives Ende. Graf Spee hat die Verträge mit dem Betreiber gekündigt, zum Jahreswechsel ist Schluss. Doch damit sind die Sorgen von Märchenzoo, Seillandschaft, Erlebniswelt und Bootsverleih noch nicht aufgelöst.

Nicht nur, dass sie bisher nicht offiziell informiert wurden. Es ist auch völlig offen, wie es überhaupt am Blauen See weiter geht. "Wir sind an einer vernünftigen Nutzung interessiert, die sozial-, umweltverträglich ist und an der die Bevölkerung Erholung und Freude findet", erklärt Bernhard Richter, Generalbevollmächtigter der Speeschen Verwaltung.

Mit der Wirtschaftsförderung und der Stadtmarketing GmbH um Geschäftsführer Frank Rehmann sucht er deshalb nach neuen Konzepten und Investoren. Eine von mehreren Ideen ist der Dino-Park, eine unterhaltsame Ausstellung zu den ausgestorbenen Reptilien. Gar nicht so abwegig: Eine handvoll ähnlicher Familienparks gibt es bundesweit bereits.

Frank Rehmann wüsste das Thema aber lieber noch unter Verschluss. Zu empfindlich seien die Verhandlungen mit möglichen Investoren, zu kompliziert der Weg bis zur eventuellen Umsetzung. Was die Lage besonders erschwert: Das Terrain ist als Naturschutz- und Wasserschutzgebiet eingestuft, das vereitelt fast jede denkbare Bautätigkeit.

"Wir werden schon im Vorfeld verschiedene Behörden einbinden", kündigt Rehmann an - ganz gleich, welche Pläne sich letztlich verfestigen sollten. Die hohen rechtlichen Hürden dürften Marleen Item und den anderen Unterpächtern nicht ungelegen kommen. Items Natur- und Selbsterfahrungscamp findet nämlich guten Anklang. Sie könne sich auch vorstellen, das Konzept auszubauen, erklärt sie.

Die Debatte um die Zukunft des Blauen Sees könnte somit als eröffnet gelten - würde es sich bei dem Areal nicht um Privatgelände handeln. Politik und Stadtverwaltung haben bestenfalls eine beratende Rolle, dem Kreis bleibt ein Vetorecht - und der Graf hat das letzte Wort.