Ratingen: Pause von der Wahlwerbung

Die Stadt hängt noch voller Partei-Plakate. Das stört viele – besonders aber die Bürger Union. Die rechtliche Lage ist unklar.

Ratingen. Nach der Wahl ist vor der Wahl. Nie war das so deutlich wie in diesem Jahr, wo zwischen Europa-, Bundestags- und Kommunalwahl nur wenige Wochen liegen. Die kurze Distanz wirft neue Fragen auf: Was passiert mit den vielen Wahlständern, die im ganzen Stadtgebiet stehen? Abmontieren und zwischenlagern? Oder einfach stehen lassen?

Eine Zierde sind sie sicher nicht. Und besonders der Bürger Union, die am Europawahlkampf nicht beteiligt war, ein Dorn im Auge. "Die Parteien, die das verursacht haben, sollten die Plakate auch wieder entfernen", meint BU-Ratsherr Paul Feldhoff. Alternativ könnte auch die Stadt für Ordnung sorgen, schlägt er vor. Der jetzige Zustand sei jedenfalls nicht tragbar. "Die Ständer sehen zum Teil schon sehr verhunzt aus. Wenn die jetzt bis September stehen bleiben würden, wäre das den Bürgern nicht zumutbar."

Anfang der Woche hat Feldhoff das Thema im Hauptausschuss aufgeworfen. Dort gab es auch schon eine prompte Antwort von Dezernent Dirk Tratzig. Ab- und Aufbau seien unverhältnismäßig teuer. 25 000 Euro würde es kosten, die Tafeln für vier Wochen verschwinden zu lassen. Feldhoff findet die Rechnung überzogen, doch Tratzig bleibt dabei: "So eine Tafel wiegt 130 Kilo, es gibt 95 Standorte - das ist ein Riesen-Aufwand." Ob es den Parteien auferlegt werden dürfe, ihre Plakate selbst zu entfernen, werde derzeit geprüft, erklärte Tratzig der WZ.

Auch sonst ist die Sache rechtlich nicht ganz einfach: Denn das Plakatieren ist frühestens sechs Wochen vor dem Wahltermin erlaubt. Der nächste Startschuss fällt also am 19. Juli, in vier Wochen. Doch was ist in der Zwischenzeit? Wie lange darf die alte Werbung bleiben? "Mir ist da nichts bekannt", meint Tratzig. Gleichwohl kann er die Bürger Union verstehen, der es genau darum geht. Denn auf vielen Flächen der CDU und SPD prangen Bilder ihrer Bürgermeisterkandidaten - locker in einen Kontext gestellt mit der Europawahl.

Elisabeth Müller-Witt, Vorsitzende der Ratinger SPD, findet es ganz natürlich, dass Bürgermeisterkandidat Christian Wiglow zur Europawahl aufruft. "Es ist Usus, dass bekannte Größen aus Bundes- oder Kommunalpolitik mitwerben. Merkel und Steinmeier haben das auch getan", sagt sie. Und selbst über die Plakate des CDU-Konkurrenten Stephan Santelmann will sie sich nicht ärgern, auch wenn der in Ratingen keine lokale Größe ist: "Das sehe ich als sportlichen Wettstreit. Als die CDU gesehen hat, dass wir das machen, haben sie schnell nachgezogen."

Übers Abhängen denkt die SPD vorerst nicht nach. "Wenn die Verwaltung das verlangt, machen wir es natürlich. Aber das wäre ein Novum." Außerdem zweifelt Müller-Witt, ob notdürftig freigekratzte Plakatständer dem Stadtbild dienen.

Aus ähnlichen Gründen bevorzugt Dirk Tratzig auch eine andere Lösung: "Das Sinnvollste wäre wahrscheinlich, die Plakate zur überkleben. Am besten mit Kultur und kommenden Aktionen." Doch ob so viel Werbematerial überhaupt vorhanden ist, weiß er noch nicht. Schließlich würden etwa 1200 Plakate gebraucht.