Ratingen: Psychologischer Dienst - Sozialarbeit macht Schule
Zwei zusätzliche Sozialpädagogen sollen dort helfen, wo Lehrer nicht mehr weiter wissen.
<strong>Ratingen. Zwei Wochen lang ist Alessio (Name geändert) schon nicht mehr zur Schule gekommen. Der Zwölfjährige zieht lieber mit älteren Jungs um die Häuser, raucht, trainiert seine große Klappe, belügt seine Eltern. Die fallen aus allen Wolken, als sie den Anruf der Heinrich-Heine-Schule kriegen. Dort, so dachten sie, sollte Alessio eigentlich in der sechsten Klasse sitzen. Ein typischer Fall für Sozialarbeiterin Andrea Klöpzig. Den Jungen auf die Schulbank zurück zu holen, sei richtige Detektivarbeit gewesen, erinnert sie sich. Dabei hat sie nur eine halbe Stelle - und noch jede Menge mehr zu tun: Streitschlichtung unterrichten, Störenfriede zur Einsicht bringen, Drogenmissbrauch nachgehen, Klassen ein wenig Gemeinschaftsgefühl einhauchen, zwischen den Nationalitäten vermitteln, die an der Heinrich-Heine-Schule aufeinander treffen. "Da fliegen schon manchmal die Fäuste", hat Andrea Klöpzig erlebt - und gelernt, sich auch selbst zu behaupten. "Türken haben zum Beispiel eine viel rauere Art untereinander. Da muss man sich als Frau erstmal einen Zugang verschaffen."
Land hat neue Stellen für Sozialpädagogen versprochen
Obendrein führt sie Gespräche mit Eltern, sitzt in verschiedenen Konferenzen, pflegt Kontakte zu Wohlfahrtsverbänden und zum Schulpsychologischen Dienst des Jugendamtes. "Ich könnte gut zu hundert Prozent hier arbeiten", meint Klöpzig, "der Bedarf ist da."
Nur das Geld nicht. Das müsste nämlich vom Land kommen. Und das hat zwar seine grundsätzliche Bereitschaft erklärt, doch bisher kaum neue Stellen für Sozialpädagogen geschaffen.
Jetzt springt die Stadtverwaltung in die Bresche - wenn auch ein wenig von der Politik getrieben. Denn schon Ende 2005 hatte die CDU beantragt, der Schulpsychologische Dienst möge zwei Sprechstunden pro Woche an jeder weiterführenden Schulen anbieten. Das Amt machte zunächst eine Bestandsaufnahme bei den Schulen und stellte jetzt fest: Das bisherige Modell mit Beratung nach Bedarf habe sich bewährt, feste Sprechzeiten seien deshalb nicht notwendig. Für weitere Unterstützung sei aber das Land zuständig.
Doch darauf wollten Schul- und der Hauptausschuss nicht mehr warten - und trafen nach langer, emotionaler Diskussion ganz andere Beschlüsse. Demnach könnten schon im nächsten Schuljahr anderthalb zusätzliche Sozialarbeiter an Ratingens Schulen arbeiten. Möglichst vom Land finanziert - notfalls aber von der Stadt getragen.
An den Schulen freut man sich über den Vorstoß - auch an jenen, die nicht als sozialer Brennpunkt gelten. "Es gibt immer wieder Fälle, wo wir professionelle Hilfe brauchen könnten", erklärt Jochen Leib von der Schulleitung des Lintorfer Kopernikus-Gymnasiums.