Velbert Schlimmer als Orkan „Kyrill“

Velbert. · Ein Blick auf Wälder und Grün spricht für sich: Man muss kein Fachmann sein um zu erkennen, dass die Natur unter dem dritten, viel zu trockenen Jahr in Folge leidet. Die Grünen hatten jetzt im Verwaltungsrat der Technischen Betriebe (TBV) einen umfangreichen Fragenkatalog zum Zustand von Wald, Stadtbäumen sowie städtischen Parkanlagen und Freiräumen vorgelegt.

Gern gesehener Fachmann: Oft wird Forstwirt Peter Tunecke, wie hier in Tönisheide, eingeladen, um über den Velberter Wald zu referieren.

Foto: Ulrich Bangert

Der Bericht des zuständiger Geschäftsbereichsleiters, Forstwirt Peter Tunecke, klingt mehr als beunruhigend: Führten die extremen Dürrejahre in Verbindung mit Orkanschäden und deren Folgen dazu, dass große Teile des Waldes abgängig beziehungsweise abgestorben seien, hat sich die Lage im den letzten Monaten weiter verschärft: „Seit Mitte März fehlt jeglicher Niederschlag, am 1. April waren bereits 25 Grad Celsius erreicht. Der kontinentale Ostwind im Frühjahr hat die Böden drastisch austrocknen lassen. Quellen und kleine Bäche sind bereits trockengefallen, Grundwasserstände sind schon gesunken“, so der Forstfachmann. „Der Regen zu Beginn des Jahres konnte bei weitem den Wasserspeicher im Boden nicht mal zur Hälfte füllen.“ Die häufige und lange Sonnenscheindauer erhöhe zudem die Verdunstungsrate.

Die Wärme sorgt für Vermehrung der bekannten Schädlinge

Eine weitere Folge: Die bekannten Schädlinge haben aufgrund der großen Wärme ein riesiges Vermehrungspotential, und es seien neue Schadorganismen hinzugekommen: „Betroffen sind nicht nur Nadelhölzer, die Fichte ist bereits jetzt in unseren Lagen waldbaulich aufzugeben“, befürchtet Tunecke. Vor allem Buche, Ahorn, Esche und auch die Eiche seien stark geschädigt, erkennbar an Kronenverlichtungen, ausgebrochenen Ast- und Kronenpartien, Pilz- und Schädlingsbefall bis zu abgebrochenen und umgestürzten Bäumen – es sterben Bäume unabhängig von Alter und Waldpflege. Nicht einmal 20 Prozent des Waldes seien gesund: „Das Schadmaß ist deutlicher als das durch den Orkan Kyrill, und der Holzmarkt nimmt das Holz infolge zu hoher Menge und Qualitätsverluste nicht ab.“ Neben dem Kapitalverlust nehme der Aufwand für Kontrolle und Verkehrssicherung in den gefährdeten Bereichen zu: „Mitunter müssen innerhalb von nur vier Wochen Maßnahmen in den gleichen Waldbeständen wiederholt werden“, so Tunecke. Nicht viel besser sieht es indessen in Parks und auf den kommunalen Freiflächen aus, wo durch die Trockenperioden der vergangenen Jahre Stauden und eine Reihe von Bäumen abstarben.

Prominentestes Beispiel für die Schäden sei das Buchenwäldchen im Herminghauspark, in dem im Winter zur Gefahrenabwehr mehrere Bäume entnommen bzw. extrem zurückgeschnitten werden mussten. Auch an vielen Straßenbäumen sei die trockenheitsbedingte Verschlechterung erkennbar.

Bestand der Wassersäcke wurde wegen der Hitze aufgestockt

Als Maßnahme gegen Trockenphasen zeichnete Tunecke unter anderem neben der gezielten Versickerung von Regenwasser, das von versiegelten Flächen abfließt, die Entsiegelung von Verkehrsflächen auf, indem zum Beispiel Fußwege und Parkplätze Kies– und Splittdecken erhalten oder möglichst Rasengittersteine oder Rasenfugenpflaster verwendet werden. Als konkrete sichtbare Maßnahme zum Beispiel an Straßenbäumen hatten die TBV vor zwei Jahren Bewässerungssäcke verschiedener Größe beschafft, erläuterte TBV Vorstand Sven Lindemann. Dieser Bestand wurde jetzt um 100 Säcke mit 100 Liter aufgestockt und mit Unterstützung der Feuerwehr seit April regelmäßig befüllt: „Das ist sicherlich nur ein Tropfen auf den heißen Stein“, so Tunecke, „aber besser und günstiger, als die Bäume vertrocknen zu lassen, herauszureißen und dann neu zu pflanzen.“ Für den Wald ist und bleibe die Dauerbestockung mit ungleichaltrigem, standortgerechtem und klimaanpassungsfähigem Mischwald das Ziel. Kurzfristig könne man jetzt nur auf Regen hoffen.