Schulnoten spielen keine Rolle
An der Freien Aktiven Schule gibt es ein anderes Konzept.
Kein Stress wegen schlechter Zeugnisse? Eine Schule ohne Noten wie das antiautoritäre Summerhill? Eigentlich wollten wir Robert Freitag nur mal eben träumen lassen — davon, wie es so wäre, wenn es diesen ganzen Schulstress rings um die berüchtigte „Sechs in Mathe“ gar nicht gäbe. Und dann kam heraus: Allzu weit weg sind sie davon gar nicht an der Freien Aktiven Schule Wülfrath (FASW).
Über Tische und Bänke springt dort natürlich keiner. Und auch ansonsten erinnert nicht viel an Summerhill — die antiautoritäre Weltverbesserungsanstalt, die auch die Hippiebewegung inspirierte. Es gibt Stundenpläne, der Unterricht ist keineswegs freiwillig und auch wenn die Schüler viele Freiräume genießen, so entscheiden sie nicht allein, wie sie lernen wollen.
„Träumen muss ich trotzdem nicht, wenn es um eine Schule ohne Noten geht“, spricht der Schulleiter der FASW über ein pädagogisches Konzept, das bestens zu funktionieren scheint. Eingebettet in die Leitideen von Maria Montessori nutzt die Freie Aktive Schule alle Freiräume der Schulgesetzgebung.
Und die zwingen zur Notenvergabe eigentlich nur zum Ende des 4. Schuljahres, um den Übergang in Gymnasium, Realschule oder Gesamtschule möglich zu machen. „Und ab der 9. Klasse müssen Noten gegeben werden“, sagt Robert Freitag.
Die meisten Schüler der FASW werden heute also ohne Zeugnisse nach Hause gehen. Obwohl, so ganz stimmt das nicht. Mit dem sogenannten Lernstandsbericht halten sie etwas in den Händen, das aus Sicht des Schulleiters sehr viel mehr darüber aussagt, welche Kompetenzen die Schüler im vergangenen Schulhalbjahr erworben haben.
„Eine gute Note bedeutet überhaupt nichts“, bringt Robert Freitag seine Sicht der Dinge auf den Punkt. „Darin spiegelt sich eigentlich nur, wie weit man die gesellschaftlichen Normen erfüllt, oder eben nicht“, glaubt der Schulleiter. Stattdessen plädiert er für eine stetige Rückmeldung von Kompetenzen.
In den Händen halten die Jungen und Mädchen dann eine umfangreiche Beurteilung dessen, was sie wirklich können. Wer bin ich? Was will ich? Wo sind meine Stärken? Das seien die Fragen, die sich die Kinder und Jugendlichen viel entspannter stellen könnten, wenn sich dahinter nicht die stetige Angst vor dem Versagen verbergen müsse.
Probleme beim Übergang in die Klassen, in denen dann doch benotet werde, gebe es kaum. „Wir führen regelmäßig Selbstbeurteilungsgespräche mit den Schülern und stellen immer wieder fest, dass die meisten ganz gut wissen, wie sie unterwegs sind“, so der Schulleiter.
Die Schüler selbst scheinen damit, dass sie während ihrer Schulzeit nicht permanent mit der Angst vor Fünfen und Sechsen geplagt werden, gut klarzukommen. Nur der Besuch bei Oma und Opa dürfte heute schwierig werden. Schließlich ist es nicht so einfach mit dem „Zeugnisgeld“ — ohne Noten.