Total britisch in Wülfrath
Mrs. Bondsfield hat sich ihr englisches Leben im Bergischen geschaffen.
Mrs. Bondsfield ist Wülfratherin. Zumindest zur Hälfte. Die andere Hälfte ist Engländerin mit Leib und Seele. Rita Bondsfield-Atteln ist Wanderin zwischen den Welten, zwischen Wülfrath und Ware, (der Partnerstadt), zwischen Sunday Roasting und Schweinerollbraten.
Entbrannt ist sie für die Insel in den 1970er Jahren mit den ersten Besuchen und Kontakten in der Partnerstadt Ware. Als sie Ende 20 war, ging sie für zwei Jahre ins Wunschland. Sie arbeitete fünf Tage in der Woche als Haushälterin und studierte zwei Tage in Cambridge. „Zum Glück war es ein Prominenten-Haushalt in einer feinen Gegend“, sagt Bondsfield, und zwar das Zuhause von Andrè Previn, einen Dirigenten und Komponisten von Filmmusik.
Bondsfield erlebte ein Leben wie im Traum mit bekannten Nachbarn und Freunden wie Cliff Richard und Kenny Jones von The Who. Sie hat sie genossen, diese englischen Jahre — und sehr viel gelernt über Land und Leute. Allerdings ganz tauschen mochte die Wülfratherin ihre Heimatstadt mit einem englischen Dörfchen nicht. „Dazu bin ich zu sehr Wülfratherin“, sagt sie entschieden. Aber: Sie hat sich ihre eigene britische Enklave geschaffen an der Wilhelmstraße 183 im ehemaligen Elternhaus.
Nachdem die flott gestylte 59-Jährige morgens in Firmen Business-Englisch unterrichtet hat, zieht sie sich am Nachmittag in ihren kleinen, gemütlichen Laden zurück, der vollgestopft ist mit Souvenirs der Insel. Dort zwischen Twinings-Breakfast-Tee, englischer Orangenmarmelade und Marmite, einem typischen maggiähnlichen Brotaufstrich, zwischen Aschenbechern mit Union Jack, Grußkarten zum „Birthday“ oder „Mothering Sunday“ (Muttertag) und Nick Hornby’s „About a boy“ empfängt Rita Bondsfield ihre Nachhilfeschüler jeden Alters für Einzelunterricht oder in Gruppen — in entspannter Atmosphäre.
Immer wieder organisiert die vielfach zertifizierte Englisch-Lehrerin für Jung und Alt auch Reisen auf die Insel von der Golftour bis zur Fotosafari in London. Kein Wunder, dass soviel England-Liebe der Wülfratherin 1997 auch einen britischen Ehemann bescherte, einen Bauunternehmer, den sie aber zu Hause kennenlernte. Was Mrs. Bondsfield an den eher steifen Engländern so fasziniert, ist schnell gesagt: „die Symbiose aus enorm fortschrittlicher Technikleidenschaft und unverkennbarem Hang zum Erzkonservativen“.