Velbert-Neviges: Christianus, der Gaukler, stelzt durch die Menge

Spektakel: Ritter und Marktleute entführen am Schloss in die Zeit des Mittelalters.

Velbert-Neviges. Schnelles Hufgetrappel, Erde wird aufgewirbelt. Ein Lanzenwurf, die Sau aus Pappmaché ist getroffen. "Blattschuss! Drei Punkte", ruft Herold Jan van Heelu aus - und Ritter Manfred von Württemberg blickt zufrieden in die Menge. Einmal im Jahr weicht die beschauliche Ruhe am Schloss Hardenberg einem wilden Mittelalterspektakel. Das ganze Wochenende lang präsentieren sich Ritter, Marktleute und jede Menge Besucher aus der Mittelalter-Szene in Neviges.

Währenddessen besteigt Ritter Heinrich von Drachenfels zum Klang von Dudelsack-Musik sein Pferd zur Jagd auf die künstliche Sau. "Wir sind zuversichtlich, dass das Fest auch in diesem Jahr ein großer Erfolg wird", sagt Ulrich Kanschat, Vorsitzender der Wirtschaftsförderungsgemeinschaft Neviges (WGN). In blauer Gewandung begrüßt er als Magistrat die Besucher. "Wir rechnen mit insgesamt 12000 bis 15000Besuchern."

Er heißt auch den stellvertretenden Bürgermeister Bernd - genannt "Der Umfangreiche" - Tondorf mit dem Ausruf "Huld, Huld, Jubel!" zu den alljährlichen Lustbarkeiten willkommen. Während sich auf dem Kampfplatz die Ritter mit Schwert und Schild beharken, erbittet Magistrat Kanschat auch Unterstützung vom Landtagsabgeordneten Marc Ratajczak - alias Marc, der Schlaksige. "Auf dass man ihn nicht teere und federe."

"Wir sind bisher jedes Jahr dabei gewesen", sagen Anna Lena Benz (16) und Saskia Knoke (15), die beim Schwertkampf der Herren von Fuchsberg und Hammerstein mitfiebern. "Uns gefällt vor allem die Musik." Und da sind sie bei Weitem nicht die einzigen. Die Mittelalterszene boomt, und auf den ersten Blick scheinen sich nur wenige Besucher ohne Gewandung zu finden.

"Wir haben vor kurzem das erste Mal einen Mittelaltermarkt besucht. Für die Kinder ist das einfach klasse", lobt Anke Hoff, die mit Ehemann Karsten und ihren Söhnen Jonas (3) und Jannic (1) den Klängen von "Adivarius" lauscht. Die fünfköpfige Band sorgt mit Dudelsack und Trommel für die passende Stimmung. Unter den Mittelalterfans treiben auch zwei unheimliche Gestalten ihr Unwesen. Mit seinem Drachen Rasmus an der Leine, stelzt Christianus, der Gaukler, durch die Menge.

Das Duo Dirr begeistert die Besucher mit farbenfrohen Kostümen und guten Ideen. "Als Rasmus noch klein war, dachte ich, er wäre ein Hund", sagt Christianus und hält sein Haustier an der kurzen Leine... Fasziniert vom ganzen Treiben sind auch Doris Hannig (78) und Gerda Patzelt (73). "Wir sind extra aus Wuppertal hergekommen," sagen sie.

"Wenn man einmal richtig drin ist, kommt man so schnell nicht mehr davon los", spricht Roland Winter-Gerigk - alias Herold Jan van Heelu - aus Erfahrung. Er ist Teil der Bergischen Lehnsritter Düsseldorf, einem Kulturverein, der sich das ausgehende 13. Jahrhundert als Vorbild nimmt.

Er selbst begeistert sich seit 27 Jahren für das Lagerleben. "Wir haben inzwischen sogar eine originalgetreue Kochstelle", sagt van Heelu. Eine moderne Notwendigkeit: Die Kochstelle muss auf Füßen stehen, um den Boden nicht zu versengen. "Das Interesse der Menschen ist auf jeden Fall groß", sagt der Herold, der zuvor mit lauter Stimme die Sieger des Turniers verkündet hatte. "Aber die ganze Szene ist sehr kommerziell geworden. Es gibt fast jede Woche irgendwo einen Markt. Und die Schwerter, mit denen wir kämpfen, müssen vom TÜV geprüft werden."