Wenn die Seele Hunger hat
Mit „heftigen Geschichten“ in Wort und Bild macht die Ausstellung „Klang meines Körpers“ Ess-Störungen zum Thema.
Wülfrath. Auch wenn es der Titel suggeriert, hat „Klang meines Körpers“ nicht ausschließlich mit Akustik, dafür um so mehr mit Achtsamkeit im Sinne eines In-sich-Hineinhörens zu tun. Die Wanderausstellung, seit 2006 unter der Schirmherrschaft der Caritas unterwegs, gastiert wieder einmal in Wülfrath. Bis Donnerstag ist sie In den Eschen 3 als multimediale Schau zum Thema Ess-Störungen erlebbar.
„Alle achten Klassen der weiterführenden Schulen der Stadt werden die Ausstellung besuchen“, erklärt Beatrix Neugebauer, Mitarbeiterin aus dem Caritas-Team der Suchtprävention. Jetzt waren 29 Sekundarschüler der Klasse 8a zu Gast. „Zu Anfang wusste ich gar nicht, wohin ich als erstes schauen sollte“, beschreibt Svenja (13) Schwierigkeiten, Zugang zu den „heftigen Geschichten“, die in Wort, Bild, sogenannten Schatzkisten und Musikbeispielen aufgebaut sind, zu finden.
Dokumentiert sind wahre Begebenheiten und leidvolle Erfahrungen verschiedener Teenager, die alle einen krank- und krampfhaften Umgang mit dem Thema Essen hatten. Verletzende Erlebnisse wie Mobbing und Konflikte in der Familie oder unter Freunden haben die in der Schau Porträtierten ebenso wie übersteigerten Perfektionismus, Einsamkeit oder Liebeskummer als Einstieg in die Sucht, Essen zu verweigern, beschrieben.
„Das war bei zwei von meinen Freundinnen auch so“, erklärt Svenja. Sie selbst ist durch die Klinikaufenthalte und Therapien der beiden insofern alarmiert, dass sie zwar sehr darauf achtet, was und wie viel zu isst. „Aber ich übertreibe es nicht.“
Dabei ist der Körper eigentlich weise. Wie die Tankanzeige des Autos blinkt, wenn der Treibstoff verbraucht ist, registriert der Körper, ob seinen Zellen die Energie ausgeht. Dazu kontrollieren sensible molekulare Messinstrumente den Blutzuckerspiegel. Droht bei Unterzuckerung ein Engpass, signalisiert er das und das Gehirn verlangt Essen. Normalerweise. „Gefühle, die dich hinabziehen, in die Kälte, ins Ersticken“, wie es einer der in der Ausstellung Porträtierten benennt, werden mit einem Übermaß oder aber dem totalen Verzicht an Essen kompensiert. „Mir scheint, die Jugendlichen wissen eine Menge über Bulimie und Anorexie“, mutmaßt Beatrix Neugebauer. „Aber in der Pubertät scheint dieses theoretische Wissen den Betroffenen wenig zu helfen.“ Trotzdem kerngesund zu bleiben, sei dann ein Spagat.