Wülfrath: „Brauchen wir ein Kulturamt?“

CDU-Vorsitzender Andreas Seidler über zugespitzte Formulierungen, die Schwerpunkte seiner Partei und den Druck, weiter zu sparen.

Herr Seidler, Sie haben Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff als "bestbezahlte Praktikantin der Stadt" bezeichnet - und damit für große Aufregung gesorgt. Haben Sie damit gerechnet, dass die Äußerung hohe Wellen schlägt?

Andreas Seidler: Nein. Aber wer Kritik äußert, muss sie natürlich auch einstecken können. Ich habe es überspitzt formuliert, um deutlich zu machen, dass die Dinge im Rathaus nicht laufen. Das war aber nie als persönlicher Angriff gedacht. Wenn es so angekommen ist, entschuldige ich mich dafür.

Aber die Kritik halten Sie aufrecht?

Seidler: Inhaltlich hat mir ja auch keiner widersprochen. Ich bin nach der Aufregung auch bewusst samstagvormittags zum Einkaufen in die Stadt gegangen: Da waren auch viele meiner Meinung, aber manche haben eben auch gesagt, dass das zu hart war.

Befürworter der Bürgermeisterin sagen, dass die Parteien ihr ohnehin keine Chance gäben. Insofern haben Sie sich mit Ihrer Äußerung sicher keinen Gefallen getan.

Seidler: Dieser Mobbing-Mythos wird ja gerne benutzt. Vielleicht hat ihr die Äußerung insofern sogar genutzt, das kann sein.

Hat Thomas Görtz schon Angst, dass er nach der Wahl von der CDU ebenfalls "verstoßen" wird, wie es bei Frau Lorenz-Allendorff war?

Seidler: Nein, gar nicht. Aber das wird uns natürlich immer anhängen: "Ihr habt sie doch damals aufgestellt." Dazu muss man aber auch sagen, dass die CDU heute nicht mehr die CDU 2004 ist, das ist ein anderer Vorstand. Wir können da nicht in Generalhaftung genommen werden.

Wie kann man denn die Kritik an der Bürgermeisterin konkret und sachlich ausdrücken?

Seidler: Das ist natürlich schwer. Die Bürgermeisterin setzt kaum Prioritäten, da gibt es kaum Anhaltspunkte. Immobilienverkäufe, Wirtschaftsförderung - vieles wird nicht in Angriff genommen. Und die gesamte Kommunikation zwischen Rat und Verwaltung hat gelitten.

Aber dass das alte Rathaus leer steht, ist doch nicht allein die Schuld der Bürgermeisterin.

Seidler: Das stimmt. Die Ausschreibungen waren zu speziell, da hätten sich alle Parteien zurücknehmen sollen. Den richtigen Weg geht man jetzt in der Frage der Asylbewerberheime Oberdüssel und In den Eschen, wo es erst mal eine Sondersitzung gibt.

Was sind die Ziele der CDU für Wülfrath? Weiterhin Haushaltskonsolidierung mit den Schwerpunkten Bildung, Sport und Grünes?

Seidler: Ja, die Verabschiedung des Haushalts war auch eine der Sternstunden dieses Rates, finde ich. Das ist auch der weitere Weg. Wülfrath ist auch nicht so schlecht, wie es gemacht wird: Unsere Schulen zum Beispiel sind top. Die Belastung der Bürger ist allerdings an ihre Grenze gelangt, wir haben mit die höchsten Gebühren in NRW.

Was sind dann Ihre Sparvorschläge?

Seidler: Warum leisten wir uns zum Beispiel noch ein Kulturamt? Das ist eine hoch freiwillige Aufgabe.

Petra Weskott von den Grünen hat im WZ-Interview gefordert, dass auch die Stadt-Töchter kein Tabu sein dürfen. Was sagen Sie dazu?

Seidler: Darüber kann man reden. Ich finde, die GWG hat viel für Wülfrath getan, aber sie ist nicht immer der Weisheit letzter Schluss. Auch bei den Stadtwerken gibt es Möglichkeiten: Erweiterung, Kooperation, Teilverkauf - das kann man alles diskutieren.

Zusammen mit der DLW wollten Sie die Abschaltung der Straßenbeleuchtung in Flandersbach rückgängig machen. Die SPD wirft Ihnen vor, damit den Pfad der Haushaltskonsolidierung zu verlassen.

Seidler: Das stimmt nicht, wir haben einen Vorschlag zur Finanzierung gemacht. Und "Augen zu und durch" geht nicht: Wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass man einen Fehler gemacht hat, muss man auch den Mut haben, ihn zu korrigieren.

Und dabei scheut die CDU auch keine "Koalition" mit der DLW?

Seidler (lacht): Wenn es in Wülfrath mal einen Fachbeauftragten für Müllsäcke geben sollte, wäre Klaus Jann sicher ein guter Kandidat dafür. Und wenn wir zufällig der gleichen Meinung wie die DLW sind, muss man die Meinung ja nicht ändern. Von einer Koalition sind wir aber meilenweit entfernt.

Wie geht die CDU in den Wahlkampf?

Seidler: Wir sind schon sehr weit, werden bald die Ratskandidaten aufstellen und haben ja schon einen hervorragenden Bürgermeister-Kandidaten mit Verwaltungserfahrung.

Herausforderer Thomas Görtz hat bislang aber noch kaum Akzente setzen können.

Seidler: Das geht auch noch nicht. Noch ist er "nur" der designierte Kandidat. Es ist ja kein Geheimnis, dass es in unserer Partei auch Leute gibt, die noch Befürworter von Frau Lorenz-Allendorff sind. Deshalb kann Thomas Görtz sich erst als offizieller CDU-Kandidat äußern, wenn wir ihn auch nominiert haben. Es gewinnt nicht immer der, der am Anfang den schnellsten Spurt hinlegt.