Wülfrath: „G8“ - Dem Gymnasium fehlen Geld und Kantine
Bildung: „Wenn die Stadt sich nicht bewegt, muss der Förderverein es selbst machen.“
Wülfrath. Das "Turbo-Abi" klingt wie ein Reizwort in den Ohren von Schülern, Eltern und Lehrern nach. Für Schüler bedeutet die Bildungsreform "G8", dass sie im Schnitt 33 Stunden pro Woche Unterricht haben. Da wird nicht nur der Schüler zum Manager, auch die Schule muss einen Crash-Kurs in Unternehmensführung einlegen. Der Grund: Das städtische Gymnasium fühlt sich allein gelassen - von Seiten der Landesregierung und der Stadtverwaltung. Das wurde auf der Jahreshauptversammlung des Fördervereins deutlich. Notwendige Gelder und Einrichtungen für die Mittagsversorgung- und Betreuung fehlen. Das ist mit Lehrer- und Elternengagement nicht mehr aufzufangen. So muss der Förderverein, der zurzeit 455 Mitglieder zählt, für Aufgaben, für die eigentlich die Schulverwaltung zuständig ist, einspringen. Die Ansage: "Wir spenden ausschließlich Dinge, die die Schule vom Träger nicht bekommen würde", wird immer weiter ausgereizt, so der Eindruck. "Wenn die Stadt sich nicht bewegt, müssen wir es selbst machen", sagt Ulrich Becker, Vorsitzender des Fördervereins. "Wir brauchen Geld", sagt Jürgen Blum, stellvertretender Schulleiter. Das städtische Gymnasium überlegt nun in Kooperation mit dem Förderverein, Schülern und Lehrern ein Gremium ins Leben zu rufen, dass sich intensiv mit dem Thema "Sponsering" befasst. "Wir müssen eine kontinuierliche finanzielle Unterstützung aufbauen, um den Arbeitsgruppen die Sicherheit zu geben", sagt Becker. Das gehe nur, wenn man gezielt Unternehmen mit ins Boot hole. Denn: "Wir stehen im Wettbewerb mit anderen Schulen, aber die Töpfe werden nicht größer", bringt Mitglied Hans- Joachim Blißenbach die Situation auf den Punkt. Nicht nur Arbeitsgruppen sind auf Finanzspritzen angewiesen. Auch um den neuen "Turbo"-Schulalltag aufrecht zu erhalten, sind Investitionen nötig. Zurzeit besuchen 1050 Schüler das städtische Gymnasium. Seit Anfang des Schuljahres bietet die Bildungsstätte jeden Nachmittag individuelle Förderprogramme an, so dass täglich etwa 20 Pennäler über Mittag in der Schule bleiben. Provisorisch wurde ein Klassenzimmer in einen Pausenraum umfunktioniert. "Das Wort Kantine traue ich mich gar nicht mehr in den Mund zu nehmen", so Blum. Doch diese wird spätestens im kommenden Schuljahr noch dringender benötigt - dann geht auch die achte Klasse teilweise in den Ganztag. Ein Basketballkorb, ein Beamer, ein Ball, ein Netz, eine Tischtennisplatte, ein Kicker, Handballtrikots, eine Druckerpresse, Urkunden, Stühle und Tische fürs Silentium - die Wunschliste ist lang. Diese Anträge an den Förderverein sollen größtenteils die "Bewegungspause", ein Projekt einer jungen Sportlehrerin, garantieren. "Die Kinder müssen sich mittags bewegen, um fit für den Nachmittagsunterricht zu sein", erläutert Blum. Doch wohin mit dem ganzen Equipment? Ach ja, einen Schrank dafür muss der stellvertretende Schulleiter auch noch beantragen.