Wülfrath: Hörenswert und wunderbar
Eine umjubelte Adventskammer präsentierte Händels „Messias“ in 60 Minuten.
Wülfrath. Nicht nur, weil die Zuhörer sich ihren Applaus bis zum "Hallelujah" aufsparen mussten, klang der Beifall für Georg Friedrich Händels "Der Messias" so frenetisch. Was Thomas Gerhold als Gesamtleiter, Solist und Dirigent auf die Bühne gebracht hatte, war hörenswert und wunderbar und wurde zu Recht so beklatscht.
Zusammen mit der Kantorei Wülfrath und dem Sinfonieorchester Essen hatte er sich für die Adventskammer in der Stadtkirche wieder einmal etwas ganz Besonderes einfallen lassen. Er hat dem weltweit beliebten Oratorium (zu deutsch: "Der Gesalbte"), das der Komponist zu Lebzeiten selbst oft dirigierte und ebenso oft modifizierte, quasi eine neue Fassung hinzugefügt.
Händels Werk wurde von den üblichen drei Stunden durch gezielt gesetzte Sprünge auf 60 Minuten verkürzt. Von der klassischen Kunst, die zugleich über die Maßen populär und ein erhaben-erhebendes Zeugnis tiefer Religiosität und großer Kultur ist, ging dabei kein Jota verloren.
Den Anfang in der bis auf den letzten Hocker vollbesetzten Kirche machte das Sinfonieorchester Essen mit der Sinfona, ehe der Chor mit ins Geschehen einstieg und Thomas Gerhold, wie immer präzise und schwungvoll das Dirigat ausführend, sein Solo sang, die Arie "Oh du, der uns frohe Botschaft verkündet". Spätestens hier hätten die Zuhörer am liebsten intuitiv die Hände lautstark ineinander geschlagen, um das Können von Chor, Orchester und Solisten zu beklatschen. Aber, da sind die Wülfrather versiert, derlei Kundgebungen sind im Oratorium tabu.
Ein weiterer besonders anrührender Moment dieses Musikabends, der übrigens bis auf den Weihnachtsmarkt gut zu hören war, war die Arie des Kindervokalensembles. Mit zwar zarten Stimmen, aber voller Inbrunst schmetterten die Kleinen ihr "Er weidet die Herd’ wie ein Hirte" und bekamen nach Konzertschluss für ihren Auftritt viele Glückwünsche und Komplimente.
Eingeschoben in die fabelhafte Musik, die auch als gesungene Predigt interpretiert werden kann, war eine Lesung. In einzelne Passagen aufgeteilt, las Dorothea Walda aus der Bibel und eine Geschichte der schwedischen Autorin und Nobelpreisträgerin Selma Lagerlöf.
"Sie sind nicht nur zum Vergnügen hier, sondern auch zum Singen", forderte Thomas Gerhold dann, der "Messias" war grandios beendet und mit teilweise stehenden Ovationen bedacht worden, die Gäste auf. "Tochter Zion" wurde gemeinsam gesungen, offensichtlich so gut, dass Gerhold erklärte: "Sie werden von Jahr zu Jahr besser."
Doch anstelle selber zu singen, erklatschte sich das Publikum Zugaben von Kantorei und Sinfonieorchester. Klangvoll erschallte zum Finale ein weiteres Mal das "Hallelujah" und beendete das Konzert, das gleichermaßen Botschaft für Ohr und Herz war.