Der fliegende Hobbykeller

Selbst Profis sind beeindruckt: Der Willicher Hermann Rubbert hat ein Airbus-Cockpit Marke Eigenbau.

Willich. Der Airbus rollt zur Startbahn des Düsseldorfer Flughafens. Kapitän Hermann Rubbert schaltet ATIS an, eine automatische Informationsdurchsage. Sie liefert wichtige Daten für Piloten, etwa das Wetter. „Sky condition: clear“ kommt eine schnarrende Stimme aus dem Lautsprecher. Der Blick zum Himmel bestätigt es: nicht eine Wolke, optimale Bedingungen.

„Jetzt geht’s los“, sagt Rubbert. Der 64-Jährige, Typ Sean Connery in seinen besten Jahren, schiebt den Gashebel rechts neben sich nach vorne. Mit den Fußpedalen für das Seitenruder hält er den Flieger in der Mitte der Bahn. Der A 320 wird schneller und schneller.

Dann zieht der Käpt’n den Steuerknüppel — ein Sidestick zu seiner Linken — scharf nach hinten. Mit der Nase des Flugzeugs hebt sich auch der Magen des unerfahrenen Co-Piloten. Nur der Kondensstreifen eines anderen Fliegers stört jetzt das tiefe Blau des Himmels vor dem Fenster.

Als der Höhenmesser 5000 Fuß anzeigt, öffnen leichte Kurven den Blick auf ein wunderbares Panorama. Der geschlängelte Verlauf des Rheins ist zu sehen, die fingerartigen Becken des Duisburger Hafens. Rubbert deutet aus dem Fenster: „Das da hinten ist Mülheim.“

Den Co-Piloten erfasst beim Blick in die Tiefe ein leichtes Schwindelgefühl. Erst als Rubberts Frau Petra hereinkommt, um Mett-Schnittchen und Cola zu bringen, zerplatzt die Illusion wie eine Seifenblase: Aus dem Cockpit anderthalb Kilometer über der Erde ist wieder der Keller eines Willicher Reihenhauses geworden.

Hermann Rubbert, Hauptgeschäftsführer der Kassenzahnärztlichen Vereinigung Nordrhein mit Sitz in Düsseldorf, dürfte über einen der ungewöhnlichsten Hobbyräume in ganz Deutschland verfügen. In wochenlanger Kleinarbeit hat er sich seinen eigenen Flugsimulator zusammengebastelt — eine Anlage, die man eigentlich nur in Flugschulen vermuten würde. „Ein halbes Jahr lang war ich jedes Wochenende im Keller“, erzählt er. Auch Nachtschichten seien keine Seltenheit gewesen.

Das Ergebnis kann sich fliegen lassen. Drei Beamer sowie drei U-förmig angeordnete große Leinwände schaffen eine 3D-Sicht. Ein Hochleistungsrechner sorgt dafür, dass die digitalen Bilder in Echtzeit ablaufen.

„Ich will schließlich keine Dia-Show haben“, betont der Konstrukteur. Die Software erlaubt Kurztrips auf alle fünf Kontinente. „Ich habe die ganze Welt, alle großen Airports“, so Rubbert, der seit 25 Jahren ganz realen Segel- und Motorflug in der Flugplatzgemeinschaft Krefeld-Egelsberg betreibt.

Die Bedienelemente — zum Teil in den USA und in Osteuropa bestellt — haben Originalgröße und sind mit dem Computer verkabelt. Was nicht fertig zu bekommen war, baute der Tüftler selbst. So hing das Trimmrad in der Mittelkonsole ursprünglich unter einem Kinderwagen. Die Sitze stammen aus einem BMW mit Totalschaden — Rubbert „schoss“ sie günstig im Internet. Sogar eine Airbus-Nase aus Holz und Pappmaché gibt es, die allerdings nicht im Maßstab 1:1 möglich war. Befreundete Luftfahrt-Profis zeigten sich vom Eigenbau schwer beeindruckt.

Wieder zurück in der Höhe: Nach einigen Runden überlässt der Kapitän dem Neuling das Steuer — für die Landung. „Etwas mehr nach links“, korrigiert Rubbert. „Schneller sinken, sonst bekommen wir Probleme.“ Warntöne aus der Elektronik treiben den Puls zusätzlich nach oben.

Plötzlich hat der Vogel wieder Düsseldorfer Boden unter den Rädern. Der Co-Pilot ist fix und fertig. „Das ist ganz normal“, tröstet der Kapitän. „Ich musste schon mal Hebel nachlackieren, weil Freunde von mir schweißnasse Hände hatten.“

Für die Nachbesprechung geht’s nach oben an den Wohnzimmertisch. Auch Petra Rubbert ist dabei. Sie gönnt ihrem Mann das Hobby, was sicher auch mit einem positiven Nebeneffekt zu tun hat: „Er hat mir gezeigt, wie ich mit Beamer und Leinwand ganz wunderbar Filme gucken kann“, sagt sie. Zur Premiere sprang King Kong durch den Hobbykeller.