Zugegeben, wir machen in der Redaktion wirklich viel, um Geschichten einen spannenden Dreh zu geben. Aber komplett nackig machen wir uns dann doch selten. Für einen Test der Sauanlandschaft Finlantis in Kaldenkirchen ist das aber unumgänglich. Also raus aus den Klamotten und rein in die Schwitzkammern. Dabei klang Platz 66 von 600 für das Finlantis in einem bundesweiten Ranking nicht so spektakulär. Doch der Blick in die Zahlen zeigt: In Nordrhein-Westfalen ist das Platz 14 (von 115 Saunen in NRW im Test) und in der Region ein Platz in den Top 3. Bekannte Anlagen in Korschenbroich oder Ratingen ließ das Finlantis hinter sich.
„Ein Saunagast fährt in der Regel bis zu 60 Kilometer zur Sauna“, weiß Thomas Lamers, Mitarbeiter der Stadtwerke Nettetal und Chef im Finlantis. Gäste aus dem Umkreis sogar bis Köln, aber vor allem aus den Bereichen Rhein-Kreis Neuss, Kreis Viersen, Mönchengladbach, Krefeld und viele aus den Niederlanden sind oft in Kaldenkirchen für einen Saunatag da. „In Holland fehlt die Aufgusskultur“, sagt Lamers und bennent damit einen großen Pluspunkt des Finlantis.
Das bestätigt auch Besucher Josef Dörenkamp: „Die Aufgüsse sind super. Hier herrscht einfach eine Wohlfühlatmosphäre“. Cem Gökbayrak, der gerade an der Kasse steht, erzählt: „Ich komme im Monat mindestens viermal hierher. Es ist vor allem sehr familiär.“ Genau auf diese persönliche Schiene setzen die Macher im Finlantis. Jeder wird geduzt, und alle werden mit dem gleichen, freundlichen Respekt behandelt.
Eröffnet wurde das Finlantis 2010. Gebaut hat es eine finnische Firma, und Finnland ist nicht nur im Namen zu finden. Auf der mit 4300 Quadratmetern eher kleinen Anlage wurde keine Mauer aus Stein oder Beton hochgezogen. Alles ist aus Holz. Im Außenbereich steht ein echtes Laavus, ein finnischer Unterstand, in dem über einem Holzfeuer original finnischer Kaffee köchelt. „Du musst unbedingt unseren Aufguss Lappland original mitmachen“, ruft mir Lamers noch hinterher, als ich mich auf den Weg in die Umkleiden mache.
Wenig später sitze ich in der großen Aufguss-Sauna im Außenbereich der Anlage. Ein riesiges Panoramafenster gibt den Blick auf die Liegewiese frei. „Viele Saunen behaupten, finnisch zu sein, aber nur wir sind es wirklich“, begrüßt Saunameister Lambert die rund 20 Gäste bei diesem Aufguss. Dann teilt er an die, die etwas bestellt hatten kalte Getränke aus, hebt seine Flasche und ruft: „Kippis“, was Prost auf finnisch bedeutet. Dann beginnt zu erzählen. Moment mal? Erzählen, laut lachen und miteinander reden in einer Sauna?
Genau das ist das Besondere an diesem Aufguss. Es ist kreativ, lustig und alles andere als leise. „Wenn uns Finnen besuchen, dann bestätigen sie uns immer wieder, dass es genau so in einer finnischen Sauna zugeht“, sagt auch Lamers. Lambert ist derweil in eine Fragerunde eingestiegen. Jeder einzelne stellt sich vor und erzählt von sich, so viel er oder sie mag. Vera hat beispielsweise heute Geburtstag und bekommt spontan ein Ständchen gesungen. Jemand ist eigens aus Kaarst nach Kaldenkirchen gekommen, und dann sitzt da auf der unteren Bank noch dieser Zeitungsfuzzi von der Rheinischen Post.
Immer wieder stehen einzelne Gäste auf und schütten einen großen Löffel Wasser auf die Steine des Saunaofens – als ob wir nicht schon genug schwitzen würden. Die knapp 20 Minuten vergehen schnell, und trotz rund 70 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit ist dieser Aufguss nicht so anstrengend wie vielleicht erwartet. Auch weil ich durch die Gespräche von mir selbst abgelenkt bin und mich nicht darauf konzentriere, ob ich im nächsten Moment kollabiere.
Nach dem Aufguss und einer kalten Dusche knurrt der Magen. Zentral im Finlantis ist die Gastronomie zu finden. Da muss jeder durch, der von einem in den anderen Bereich möchte. An einer Theke können Getränke bestellt werden, und wer etwas essen möchte, kann an einem der Tische Platz nehmen, direkt neben ein paar Liegen. „In diesem Bereich soll auch niemand nackt herumlaufen“, erklärt Lamers. In den Saunen selbst sind selbst Badesachen tabu.
Neben einem Ruhebereich befinden sich innen auch eine Salzsauna mit 70 bis 80 Grad Temperatur und die Lappland-Sauna mit 90 Grad. Dazu gibt es ein Dampfbad. Dort herrschen zwar nur 46 Grad, allerdings auch eine Luftfeuchtigkeit von etwa 90 Prozent. Sobald sich dort die Tür öffnet, steigen Dampfschwaden auf. Dampfbad und Lappland lasse ich links liegen, denn 90 Grad sind mir dann doch zu heiß, und Dampfbäder sind nicht mein Fall.
Stattdessen setze ich mich in die Salzsauna und erfahre nebenbei: Wer Badesachen dabei hat, kann auch ins benachbarte Nettebad gehen und dort ein paar Bahnen ziehen. Samstags ab 18 Uhr ist der normale Badebetrieb dort beendet, und die Saunagäste können auch nackt schwimmen gehen. Insgesamt passen maximal 120 Gäste gleichzeitig ins Finlantis. Das bestätigt, dass es eben eine kleinere Anlage ist, die mit ihrem familiären und finnischen Konzept aber alles richtig macht.