Getötete Polizistin: Fast drei Jahre Haft
Der Lkw-Fahrer, der den Unfall im Dezember auf der A 61 im Kreis Viersen verursacht hatte, wurde am Dienstag verurteilt.
Mönchengladbach/Kreis Viersen. Seine letzten Worte sind voller Verzweiflung: Er würde sich ein Bein abschneiden, um damit die Folgen seiner Tat ungeschehen zu machen, sagt der Lkw-Fahrer am Dienstag über seine Dolmetscherin. „Es tut mir sehr Leid.“ Der 49-Jährige hatte am 27. Dezember 2017 auf der Autobahn 61 hinter der Auffahrt Viersen einen Unfall verursacht, bei dem eine 23 Jahre alte Polizistin ums Leben kam. Zwei ihrer Kollegen wurden schwer verletzt. Der 49-Jährige muss dafür zwei Jahre und zehn Monate ins Gefängnis. So lautet das Urteil.
Für die Richter hat der Mann „ehrliche Reue“ gezeigt. Auf die Entschuldigung des Angeklagten reagieren die Eltern und der verletzte Polizist nicht. „Das verstehe ich“, sagt Verteidiger Gerd Meister.
Am sechsten Prozesstag wollen die Richter erneut den Sachverständigen hören, der bereits den wahrscheinlichen Unfallhergang geschildert hatte. Sie möchten wissen, wie viel Zeit der Lkw-Fahrer an jenem Abend hatte, um den Unfall zu verhindern.
Der 49-Jährige war stark betrunken mit seinem Sattelzug auf der A 61 in Richtung Koblenz unterwegs gewesen. Weil er schon in den Niederlanden aufgefallen war, hatten Zeugen die Polizei informiert. Die Polizisten warteten in ihrem Einsatzfahrzeug mit eingeschaltetem Blaulicht auf dem Standstreifen auf den Lkw, der in Schlangenlinien fuhr. Mit 71 km/h prallte der knapp 40 Tonnen schwere Sattelzug auf das Heck des stehenden Autos. Die 23-jährige Polizistin, die auf der Rückbank saß, war sofort tot.
Laut dem Sachverständigen hätte der Angeklagte den Streifenwagen aus mindestens 150 Meter Entfernung sehen müssen. Für einen Spurwechsel hätten drei Sekunden ausgereicht, „und das Geschehen wäre vermeidbar gewesen“. Die Polizisten dagegen hätten keine Chance gehabt: „Sie waren nur sehr schwer in der Lage, den Weg des Angeklagten und seine Geschwindigkeit zu erkennen.“
Während der Angeklagte noch mit den Tränen kämpft, beginnt der Staatsanwalt mit seinem Plädoyer. „Es hat sich alles bestätigt, weswegen wir ihn angeklagt haben“, sagt er. Dass der Angeklagte angegeben hatte, sich nicht an das Geschehen erinnern zu können, hält er für plausibel: „Darauf kommt es aber auch nicht an.“ Die Beweislage sei eindeutig. Der 49-Jährige habe sich auf einem Rastplatz in den Niederlanden mit anderen Lkw-Fahrern über Stunden betrunken, sei dann entgegen seiner Zielrichtung auf die Autobahn gefahren. Ein Bluttest hatte bei dem Lkw-Fahrer einen Wert von 2,6 Promille angegeben. Wahrscheinlich lag dieser zum Zeitpunkt des Unfalls bei 3,1 Promille, so der Richter.
Mit dem Urteil wegen fahrlässiger Tötung mit fahrlässiger Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs erfüllen die Richter die Forderung des Staatsanwalts. Neben der Haftstrafe muss der 49-Jährige für vier Jahre seinen Führerschein abgeben und die Kosten des Verfahrens sowie die Auslagen der Nebenkläger tragen. Er befindet sich weiterhin in Untersuchungshaft.
Der Verteidiger hatte auf Bewährung plädiert. Er verzichtet auf eine Revision. Die Nebenkläger lassen vorerst offen, ob sie diesen Schritt gehen wollen. Die Eltern der getöteten Polizistin seien vom Prozessverlauf enttäuscht, sagt ihr Anwalt Gerhard König: „Sie hatten sehr gehofft, dass Klarheit in das Geschehen kommt. Das ist uns nicht gelungen.“
Einen Vorsatz des Lkw-Fahrers, wie anfangs vermutet, hat das Gericht nicht nachweisen können.