Jugendherberge will Abwärtstrend stoppen

Die Einrichtung auf den Hinsbecker Höhen musste in den vergangenen Jahren einen deutlichen Besucherrückgang verkraften.

Foto: Knappe

Hinsbeck. Die „Vier Linden“ am Eingang gehören als Namensgeber der Vergangenheit an, „Zirkus“ ist nun das Markenzeichen für die Jugendherberge auf den Höhen mit der Adresse „Heide 1“. Das echte Zirkuszelt auf dem Gelände der Herberge ist in den vergangenen Jahren zum Frequenzbringer geworden — vor allem für Schulklassen, die dort eine Woche lang Kunst- und Zauberstückchen proben und diese am Freitagabend in einer Gala den übrigen Herbergsbesuchern und den Eltern vorführen. „Dafür liegen auch in diesem Jahr schon etliche Anmeldungen vor“, freut sich Herbergsleiter Florian Darius.

Seit Oktober 2017 ist der 32-jährige Chef dieses mittelständischen Betriebes der besonderen Art mit 29 Mitarbeitern und rund 26 000 Gästen im Jahr. Seine Aufgabe besteht vor allem darin, wieder Beständigkeit in den Betriebsablauf zu bringen. Nach dem plötzlichen Tod des Herbergsvaters Manfred Podschull, der von 1983 bis Juni 2014 mit seiner Frau Petra und zuletzt auch seiner Tochter Nicole die Herberge geleitet und auf ihren jetzigen Standard ausgebaut hatte, wechselten die Leitungsfunktionen mehrmals. Nach einer Vertretungsvakanz übernahm Anfang 2016 der in Lobberich wohnende und bis dahin im Dienste des Erzbistums Köln stehende promovierte Theologe Bastian Rütten die Aufgabe, doch verabschiedete er sich Ende Juli 2017 wieder in Richtung Kevelaer, wo er pastoraler Mitarbeiter der Pfarre St. Marien wurde und für Innovationen in der Wallfahrtsbetreuung sorgen soll. Auch für Darius, der nach einer neuen Vertreterzeit kam, ist der „Herbergsvater“ eine neue Herausforderung. Bisher arbeitete er zwölf Jahre lang als Controller beim Jugendherbergswerk Rheinland und weiß deshalb, wie es in Herbergen läuft.

In Hinsbeck ist es in den vergangenen Jahren nicht so gut gelaufen. Die Zahl der Übernachtungen ging von 2012 bis 2016 um rund zehn Prozent von 30 655 auf 27 029 zurück. Für 2017 gibt es noch keine offiziellen Zahlen, doch „ging es da noch einmal abwärts“, weiß Darius schon. Aber für 2018 ist er optimistisch. „Wir schaffen den Turn-Around“, sagt er. Er verweist auf die Buchungen, die jetzt schön höher lägen als im Vorjahr. Für manche Wochen müssten schon Absagen erteilt werden, weil das Zirkuszelt belegt sei. Aber es gebe ja noch genügend andere Vorzüge der Jugendherberge: Die ideale Lage in der Hinsbecker Schweiz mit Wäldern und Seen und den Anschluss an den Ort, mit Plätzen für Fußball, Beachvolleyball und Basketball.

Unter der Woche schätzen dies vor allem Schulklassen, für die auch verschiedene Event-Pakete vom Erkunden des Lebensraumes Wald bis zur Entwicklung von Zivilcourage reichen. Am Wochenende sind meist Gruppen von sozialen Institutionen und auch Familien zu Gast. Darauf ist die Herberge schon seit Jahren eingerichtet, denn es gibt keine Schlafsäle mehr, sondern Zimmer mit zwei bis acht Betten. „Und jedes Zimmer hat Dusche und WC“, unterstreicht Darius den Wandel in den Jugendherbergen in den vergangenen Jahrzehnten. Einzelwanderer gibt es auch noch, aber die gehören inzwischen zu den seltenen Gästen. Für Radler ist die Herberge eigens zertifiziert. Das Siegel „Bett & Bike“ garantiert einen verschlossenen Unterstellplatz für das Rad und einen nötigen Reparaturservice.

Dass die 1952 errichtete Jugendherberge zu Hinsbeck gehört, unterstreicht nicht nur die Auszeichnung von Manfred Podschull mit der Goldenen Jüüten-Medaille, sondern auch die Nutzung des Zirkuszeltes durch die Hinsbecker Karnevalisten. Im 33. Jahr ihres Bestehens waren sie in diesem Jahr zum elften Mal dort zu Gast — und halfen auch tatkräftig mit, einige Schäden zu reparieren, die das Sturmtief „Friederike“ verursacht hatte. Und die Hinsbecker Sportler rückten zum Pizza- und Kuchenessen an, als nach „Friederike“ der Winterlauf von einem auf den anderen Tag abgesagt wurde, auf den sich die Jugendherberge „verpflegungsmäßig“ eingerichtet hatte. Von den vier Linden, einst Orientierungspunkt auf den Höhen, stehen nur noch zwei. Wie lange sie die Zufahrt zur Herberge noch markieren werden, hängt vom Urteil der „Baumdoktoren“ ab.