Kempen: 3D-Druck an der Gesamtschule Schüler entdecken die Technik der Zukunft
Kempen · An der Kempener Gesamtschule wird mit 3D-Druck experimentiert. Die Kursteilnehmer sind begeistert.
Im PC-Raum der Gesamtschule Kempen ist nur das leise brummende Geräusch von zwei 3D-Druckern zu hören. „3D-Druck läuft. Nicht berühren!“ verkündet ein großes Schild. 0,15 Millimeter dünne Schichten bauen sich Stück für Stück aufeinander. An dem einen Drucker entsteht ein Würfel, der aus ineinandergreifenden Zahnrädern besteht, und am anderen eine Werkschablone für den Technikkurs.
Vor den einzelnen Computer-Arbeitsplätzen sitzen 20 Schüler, völlig in die Arbeit vertieft. Cursor huschen über die Bildflächen, Schüler geben über die Software Befehle ein und beobachten, ob sich das jeweilige, auf dem Bildschirm befindliche Element entsprechend verändert. Bei Daniel ist es ein eigens designter Stiftehalter und bei Hendrik ein Schlüsselanhänger mit Namen. Jan arbeitet indes gerade an einem Handyhalter mit Ladestation für eine Apple-Watch. „Es ist absolut faszinierend, wie man mittels der 3D-Zeichenprogramme seine eigenen Produkte entwerfen kann. Man muss dabei allerdings ganz genau arbeiten. Fehler verzeiht der Drucker nicht. Er arbeitet genau das aus, was man eingibt. Daher muss wirklich alles stimmig und überprüft sein, bevor es ans Drucken geht“, sagt der Neuntklässler.
An der Kempener Gesamtschule beschäftigen sich 20 Neuntklässler seit Beginn des Schuljahres 2018/19 mit dem 3D-Druck. Allerdings nicht nur in der Theorie, sondern auch praktisch. Möglich machen es zwei 3D-Drucker, die angeschafft wurden, wobei einer der beiden Drucker von der Realschule stammt und man sich diesen teilt. Vor dem Hintergrund, dass die Gesamtschule Kempen den MINT-Bereich als einen ihrer Schulschwerpunkte gewählt hat und auf die Zertifizierung „MINT-freundliche Schule“ hinarbeitet, entstand vor einem halben Jahr die Idee, zu den schon bestehenden Angeboten, wie unter anderem die Roboter-Werkstatt und Lego-Robotik, neue, zusätzliche Angebote im MINT-Sektor zu schaffen.
Technik- und Biologielehrer Jonas Ziemacki rief den 3D-Druck-Kurs ins Leben. „Ich habe selbst Spaß daran und weiß von Freunden, die in der Industrie arbeiten, dass solche Technologien dort schon lange angekommen sind. Mir ist es ganz wichtig, unseren Schülern eine Teilhabe an dieser Entwicklung zu ermöglichen. Schülern sollte diese Technik bekannt sein“, betont Ziemacki.
Der Kurs, der neben dem ebenfalls neuen Angebot „Jugend forscht“ und den bereits bekannten MINT-Kursen den Neuntklässlern zur Auswahl angeboten wurde, schlug mehr als nur gut ein. Die Nachfrage von Seiten der Schüler, an dem Kursangebot teilzunehmen, war groß. Voll ausgebucht startete der Technik- und Biologielehrer den Unterricht im 3D-Druck. Genutzt wird dabei ein kostenfreies 3D-Druck-Zeichenprogramm für Schüler. Die Neuntklässler lernen das Programmieren mittels der Software und setzen ihre eigenen Designideen sowie vorgegebene Produkte um. Der Kurs wird nämlich fächerübergreifend für alle MINT-Fächer wie auch für weitere Unterrichtsfächer genutzt. So sind schon Trillerpfeifen für den Sportunterricht entstanden; es wurden Schleifpapierhalter für den Technikunterricht konstruiert und es wurde ein Herzmuskelmodell für den Biologieunterricht erstellt.
Die Druckergebnisse finden in den
Klassenräumen Verwendung
Die Materialkosten lagen in diesem Fall bei 1,50 Euro. Ein gekauftes Modell wäre um ein Vielfaches teurer geworden. „Wir können Muttern, Schrauben und Gewinde in Wunschgrößen drucken. Wenn die Roboterwerkstatt etwas Spezielles braucht, können wir es herstellen. Ein Schüler meiner Klasse hatte die Idee, dass man Blumenübertöpfe für die Pflanzen auf den Fensterbänken in den Klassenzimmern drucken könnte. Wir nahmen es auf, entwarfen und druckten“, berichtet Ziemacki.
Die Chemielehrer trugen den Wunsch nach Deckeln für im Chemieunterricht genutzte Materialien heran. Die Deckel der Kästen waren kaputt, aufgrund ihres Alters konnten sie nicht mehr nachgekauft werden. Für den 3D-Druck-Kurs kein Problem. Die Schüler nahmen Maß, programmierten und druckten die entsprechenden Deckel aus.
Die Drucker arbeiten mit einem Filament auf Maisstärke, das biologisch abbaubar ist und auch keine Gerüche oder Dämpfe beim eigentlichen Druckvorgang abgibt. Das auf kleinen Kabeltrommeln als Schnur aufgerollte Filament wird auf 200 Grad erhitzt und dann vom Drucker Schicht für Schicht aufgetragen. „Technik interessiert mich und ich finde das Angebot fantastisch, da ich später gerne in diesem Bereich arbeiten möchte“, sagt Claudia. Sie und Lara sind die einzigen Mädchen im Kurs.
Schade finden es alle, dass der 3D-Druck-Kurs nur über ein halbes Schuljahr läuft und danach ein anderes MINT-Kursangebot gewählt werden muss, damit weitere Schüler in den Genuss des 3D-Druck-Kurses kommen können. Hier hilft der engagierte Lehrer aber weiter. „Weil das Interesse so groß ist und die Schüler auch daheim weiter programmieren, biete ich in den Mittagspausen an, in Sachen 3D-Druck zu arbeiten und die Drucker zu nutzen“, sagt Ziemacki, der sich über die Begeisterung der Schüler mehr als nur freut.