Serie: 850 Jahre Oedter Ortsgeschichte (2) Von der Entstehung eines Straßendorfs

Oedt. · Ein Salhof war der Ausgangspunkt für die Besiedelung des Oedter Gebiets.

Oedt mit Salhof im Norden, der Burg im Westen und beidseitig der Hochstraße die Burgsiedlung mit der sogenannten Vorstadt.

Foto: Knorr (Repro)

Die Benediktinerabtei Gladbach wurde 974 gegründet und das Kloster 1802 aufgehoben, die Abteikirche St. Vitus dagegen nicht. Im Jahr 1262 verpfändete Abt Theoderich Wertsachen und Bücher der Abtei und versprach dem Convent, diese aus den Einkünften aus Oedt und Kempen einzulösen. Dies ist ein Hinweis auf umfangreiche Güter der Abtei in unserer Gegend. Dazu gehörte auch der Salhof mit seinen zahlreichen Unterhöfen im Ort und Kirchspiel Oedt, in den Honschaften Hagen (heute Süchteln) und Unterbruch (heute Neersen) sowie im Nieder- und Auffeld. Zu einem solchen Gut gehörte immer auch eine Kapelle, so dass der Lokalhistoriker Franz Kogelboom schlussfolgert, dass die Vituskapelle gegenüber dem Salhof von den Benediktinern aus Gladbach gebaut worden ist. Außerdem ist die Abtei selbst auch dem Heiligen Vitus geweiht. 1273 sind die abteilichen Güter in Oedt allerdings verschuldet, und die Verwaltung der Abtei über diese Güter geht verloren.

Der Salhof mit seinen zahlreichen dazugehörigen Höfen und mit der Kapelle war also der Ausgangspunkt für die eigentliche Besiedlung des Oedter Gebietes. Um den Salhof herum, der der eigentliche Haupt- oder Herrenhof war, werden sich wohl bereits zu dieser Zeit verschiedene Handwerker angesiedelt haben. Aber in der Hauptsache war Oedt zu dieser Zeit im Wesen und Wachsen ein Bauerndorf, dessen Ursprung zumindest ins 10. Jahrhundert zurückgeht.

In diesen Hofverband hinein baute um 1300 Dietrich Luf III. von Kleve die Burg Uda. Sie wird erstmals 1313 urkundlich als „castrum ude“ (Burg Oedt) erwähnt. Die Burganlage liegt südwestlich der Kirche und westlich des heutigen Ortskern von Oedt am damaligen Niersverlauf. In unmittelbarer Nähe zur Burg legte Dietrich Luf III. am Rande der Niederterrasse ein kleines Dorf an, von dem 1348 erstmals die Rede ist. Diese erste geschlossene dörfliche Ansiedlung wurde mit in das Verteidigungssystem der Burg eingeschlossen, in dem die Ausfallstraßen durch Tore, dem Zolltor im Westen, dem Niedertor im Norden und dem Obertor im Süden, und das übrige Gebiet durch Gräben, nach Osten hin sogar durch Wall und Graben, befestigt wurden. Geografische und strategische Gesichtspunkte vereinigte Dietrich Luf III. von Kleve also erstmals zur Bildung einer so genannten Herrschaft Oedt. Er selbst nahm den Titel eines „Herrn von Oedt“ an. Das Amt Oedt erkannte den Erzbischof von Köln als seinen Landes- und obersten Schutzherrn an, den jeweiligen Besitzer der Burg als Untervogt und den Abt zu Gladbach als seinen Grund- und Gerichtsherrn.

Burg und Dorf Oedt sind im Vergleich zu Salhof und Kirche relativ spät gebaut worden, gleichsam als Fremdkörper innerhalb des bestehenden abteilichen Hofverbandes. So erklärt es sich auch, dass die Oedter Kirche außerhalb des befestigten Dorfes lag. Dieses Dorf ist nämlich nicht wie die übrigen Dörfer der Umgebung in Anlehnung an die Kirche, sondern in Anlehnung an die Burg als ausgesprochene Burgsiedlung entstanden. Der rechteckige Siedlungsgrundriss ist durch die durchlaufende Straße, die Hochstraße, geprägt. Die schon von den Römern benutzte Straße wurde im 14. Jahrhundert ausgebaut und hat auch heute noch dieselbe Breite wie damals.

Später erfuhr Oedt kriegsbedingte Zerstörungen, wie 1416, als das Dorf während der Auseinandersetzungen zwischen Köln und dem Herzogtum Berg durch bergische Truppen abgebrannt und zerstört worden ist. Die Burg dagegen konnte allen Angriffen standhalten und sperrte den Niersübergang in das Jülicher Land. Erneute Auseinandersetzungen mit der Erstürmung der Burg 1477 brachten weitere Einschränkungen und Zerstörungen.

In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts dehnte sich der Ort zwischen dem Niedertor am heutigen Marktplatz und der Kirche über den befestigten Kern hinaus nach Norden aus. Das Erweiterungsgebiet war jetzt die „Vorstadt“, ein zutreffender Begriff, da sie vor der Ortsbefestigung lag. Sie verband nun die Burgsiedlung mit der bis dahin isoliert gelegenen Kirche. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts erlitt Oedt wiederum Einschränkungen durch weitere Kriegseinflüsse. In der Franzosenzeit erlebte Oedt die erste große Verwaltungsreform, auch im Hinblick auf die Raumordnung. So wurde 1798 die Honschaft Unterbroich, die heute den Namen Clörath führt, von Oedt abgetrennt und Neersen zugewiesen. Im 19. Jahrhundert legte man dann die Befestigung des Ortes nieder, in dem man die Befestigungsmauern samt der Tore abtragen ließ und Wall und Graben einebnete. Danach setzte die Bebauung nördlich der Kirche und südlich des Obertores ein. Am Ende des 19. Jahrhunderts folgte die östliche Ortsausdehnung mit der Errichtung des Krankenhauses und des ersten Postamtes an der heutigen Albert-Mooren-Allee.