Ärztlicher Leiter: „Herr Hensel, treten Sie zurück!“
Der Leiter der Intensivstation macht den Aufsichtsratschef für die Misere verantwortlich: Die Probleme seien seit Jahren bekannt.
Kempen. Aus der Ärzteschaft des Hospitals zum Heiligen Geist gibt es massive Kritik am Aufsichtsratsvorsitzenden Karl Hensel. Mit Blick auf die finanzielle Schieflage wandte sich Laurentius Kolodziej, Ärztlicher Leiter der Intensivstation, in einem offenen Brief an die WZ. Darin fordert er: „Herr Hensel, übernehmen Sie Verantwortung und treten Sie zurück!“
„Der Aufsichtsratsvorsitzende trägt die Hauptverantwortung für die Situation, in der sich das Hospital jetzt befindet“, sagt Kolodziej. „In einem Gutachten aus dem Jahr 2007 wurde von der Krankenhaus-Consulting-Firma Jüngerkes und Schlüter bereits festgestellt, dass das Hospital unwirtschaftlich arbeitet.“ Diese Tatsache sei also schon seit vier Jahren bekannt gewesen. Jedem, der im Gesundheitswesen in verantwortlicher Position arbeitet, sei klar gewesen, dass sich diese Situation noch verschärfen würde.
„Und was wurde von Herrn Hensel unternommen? Er stellte mit Friedhelm Sicking einen Geschäftsführer ein, der als Volkswirt und ehemaliger AOK-Manager keine betriebswirtschaftliche Qualifikation hatte“, beklagt der Ärztliche Leiter, der seit 2008 im Hospital arbeitet. Zudem habe Sicking eine Klinik vorgefunden, in der es „weder eine funktionierende Buchhaltung, ein zeitgemäßes Personalmanagement oder ein medizinisches Controllig gab“, ergänzt Kolodziej. Ein umfassendes moderneres EDV-System sei erst 2010 eingeführt worden. Sicking habe „sicher eine Mitschuld“ an der Misere des Hauses. Er habe aber wenigstens versucht, die Probleme zu lösen.
„Es ist seit Jahren sichtbar, dass die beiden Abteilungen Chirurgie und Innere Medizin stetig sinkende Patientenzahlen haben“, beschreibt der Leiter der Intensivstation. Dies liege daran, dass eine Spezialisierung nicht rechtzeitig erfolgt sei. „Die von Herrn Sicking durchgeführten Umstrukturierungen hätten mindestens vier Jahre früher kommen müssen.“
„Entsetzt und erschrocken“ ist Laurentius Kolodziej über das derzeitige Krisenmanagement von kommissarischer Geschäftsführung und Aufsichtsrat: „Der Gipfel ist, dass Herr Hensel sich jetzt in der Öffentlichkeit als Krisenmanager darstellt.“ Intern könne davon keine Rede sein. „Herr Hensel regiert nach Gutsherrenart und hält es nicht für nötig, dass Führungspersonal des Hospitals, wie Chefärzte und Pflegedienstleitung, regelmäßig zu informieren und ihren Sachverstand zu nutzen“, lautet ein Vorwurf von Kolodziej.
So habe es in dieser Woche ein gemeinsames Gesuch mehrerer Ärztlicher Leiter und Chefärzte an den Aufsichtsrat gegeben: „Wir wollten, dass man uns sagt, wie es mit der Suche nach einem Investor weitergeht“, so Kolodziej am Freitag gegenüber der WZ. „Im Gespräch hat man uns dann gar nichts gesagt. Die Mitarbeiter werden im Dunkeln gelassen.“
Dieses Vorgehen führe zu Irritationen in der Belegschaft. Ganz gravierend sei die Situation auf der Intensivstation, sagt Kolodziej: „Die Fachkräfte — Ärzte und Pflegepersonal — schauen sich nach anderen Stellen um oder haben schon gekündigt.“ Es werde immer schwieriger, als Ärztlicher Leiter die Verantwortung für einen reibungslosen Ablauf zu übernehmen.
„Diese Probleme sind den Verantwortlichen gar nicht bewusst. Wenn die Fachkräfte einmal weg sind, bekommt man so schnell keine neuen“, ergänzt der Intensivmediziner. Die Lage am Arbeitsmarkt sei für Ärzte und Fach-Pflegekräfte derzeit komfortabel. Hinzu komme die öffentliche Diskussion über Lohnkürzungen und Kündigungen im Hospital. Kolodziej: „Neue Mitarbeiter kann man unter diesen Umständen nicht anwerben.“