Neue Ausstellung der „Beldsches-Kieker“ Als es überall in Kempen noch Metzgereien gab
Kempen · Früher gab es in Kempen viel mehr Metzgereien. Daran erinnert die neue Ausstellung der „Beldsches-Kieker“ im Rathaus.
Bereits zum elften Mal präsentiert die Gruppe der „Beldsches-Kieker“ im Kempener Rathaus mit einer Fotoausstellung „Kempen im Wandel der Zeit“. Beim letzten Mal ging es um den Kempener Einzelhandel. Jetzt um ein ähnliches Thema: die Kempener Metzgereien. Auf Stellwänden im Rathausfoyer sind großformatige Aufnahmen zu sehen. Sie zeigen historische Ansichten von Kempener Metzgereien, oftmals in Beziehung gesetzt zu der heutigen Stadtansicht.
Eines macht die kleine Ausstellung deutlich: Die handwerklich und meist in Familienbesitz geführten Metzgereien sterben aus. Es gibt im Kempener Stadtgebiet aktuell nur noch die Metzgerei Fander an der Judenstraße. Die Metzgerei Thören an der Hülser Straße hat ihre Verkaufsräume seit Juli 2022 geschlossen, produziert nur noch für andere Verkaufsstellen.
Ein Aufruf aus dem Jahr 1929 ist dagegen noch von 14 Metzgereien unterschrieben. „Hausfrauen, kauft Fleisch- und Wurstwaren bei den Mitgliedern der Kempener Fleischerinnung“, heißt es dort. Allein an der Peterstraße finden sich die drei Metzgereien Becks, Hirsch und Horten. Und 1959 stieg die Zahl sogar auf 19 an.
Michael Vietoris, ein Mitglied der „Beldsches-Kieker“, erinnert sich in seiner Rede zur Eröffnung der Ausstellung noch daran, wie er als Kind das Blöken und Schreien der Tiere in der Altstadt hörte. Denn damals durfte noch in der Innenstadt geschlachtet werden. „Vorn die kleinen Verkaufsräume, hinten die Schlachtung“, so schildert es Michael Vietoris. Nach der Stadtsanierung wurden die Schlachtereien aus der Innenstadt verbannt. Nur Thören an der Hülser Straße konnte seine Schlachtung beibehalten, da es außerhalb des eigentlichen Stadtkerns lag.
Mit der Zeit schlossen
immer mehr Metzgereien
Die Verkaufsräume waren im ganzen Stadtgebiet verteilt. 1959 gab es an der Engerstraße drei, an der Peterstraße und der Umstraße je zwei Metzgereien. Jede Hausfrau hatte „ihre“ Metzgerei, oft nur eine kurze Wegstrecke entfernt. Inge Vietoris (89) aus Kempen erinnert sich daran, dass sie früher fast täglich in ihrer Metzgerei einkaufte. Dann aber auch nur in kleinen Mengen. Und sie schmunzelt, wenn sie an Sprüche wie „Sind Sie schon geholfen?“ zurückdenkt. Sie wechselte die Metzgerei nur, wenn diese schloss.
Und das geschah in der Folgezeit immer häufiger. Einer der Hauptgründe war Nachwuchsmangel. Die meist über mehrere Generationen in Familienhand geführten Betriebe mussten aufgeben. Die Gebäude in der Kempener Altstadt wurden anderweitig genutzt. An der Alten Schulstraße 19 etwa befand sich bis 1990 die Metzgerei von Willi und Maria Geks. Heute ist dort die Uhrmacherwerkstatt von Thomas Pannenberg. An der Engerstraße 23, dort wo heute das Schuhgeschäft Deichmann ist, befanden sich über Jahrzehnte Metzgereien mit verschiedenen Inhabern, auch in Verbindung mit einer Gastwirtschaft. In den 1980er Jahren schloss die Metzgerei Golomb dort ihre Pforten.
Zuerst war es schwierig,
an Bilder zu kommen
Einen anderen Weg wählte Familie Gerlach, die nach der Stadtsanierung 1967 von der Kuhstraße zum Concordienplatz in moderne Räumlichkeiten umzog. Ein Foto zeigt die großzügige und reich bestückte Wurst- und Fleischtheke am neuen Ort. Auch diese Metzgerei ist mittlerweile geschlossen. Eine Entwicklung, die Kempens Bürgermeister Christoph Dellmans (parteilos) bedauert. Mit den handwerklich geführten Metzgereien sterbe eine „besondere Qualität von Fleischprodukten“, findet er. Erst hätten die „Beldsches-Kieker“ kaum Material gehabt und deshalb einen Aufruf in den Zeitungen gestartet, erinnert sich Michael Vietoris. Einzelne Metzgereifamilien wurden persönlich angesprochen und stellten Bildmaterial zur Verfügung. Daraus produzierten die „Beldsches-Kieker“ traditionell wieder einen Kalender, diesmal in einer Auflage von 125 Stück, der nahezu vergriffen ist. Alle zwei Jahre gibt die Gruppe, die der Freiwilligen-Agentur angeschlossen ist, zudem einen Bildband mit den Kalenderfotos heraus. Das wird beim nächsten Mal wieder der Fall sein.