Zahnärztin aus Kempen im Einsatz in Madagaskar „Solche Zähne habe ich bei Kindern noch nie gesehen“

Kempen · Zahnärztin Komalpreet Kaur war mit dem Verein „Planet Action – Helfende Hände“ in Madagaskar, um Kinder zu behandeln.

Alle Kinder erhielten Zahnbürsten, Zahnpasta und Erklärungen, wie man die Zähne richtig putzt.

Foto: Komalpreet Kaur

Ordentlich putzen mit Zahnbürste und Zahnpasta, regelmäßige Kontrolluntersuchungen beim Zahnarzt, Zahn-Tage im Kindergarten – schon für kleine Kinder in Deutschland gehört die Zahnpflege zum Tagesablauf einfach dazu. In vielen Ländern der Welt ist das anders. Dort, wo die Armut sehr groß ist, haben viele Kinder überhaupt keine Zahnbürsten. Sie waren noch nie beim Zahnarzt. Und leiden, wenn es in der Folge zu Karies und anderen Schäden an den Zähnen kommt.

Wie diese aussehen, hat eine junge Zahnärztin aus Kempen nun in Madagaskar gesehen. Ehrenamtlich war Dr. Komalpreet Kaur für zwei Wochen mit dem Verein „Planet Action – Helfende Hände“ in Antananarivo, der Hauptstadt von Madagaskar, im Einsatz, um dort Kinder zu behandeln. „Solche Zähne habe ich bei Kindern noch nie gesehen“, sagt sie rückblickend. „Ich habe so schlimme Milchzähne gesehen, so etwas gibt es in Deutschland gar nicht.“

Von einem Auslandseinsatz hatte sie schon lange geträumt. Doch die Corona-Pandemie ließ das länger nicht zu. 2023 packte Kaur die Gelegenheit beim Schopfe: Im Internet stöberte sie nach Hilfsorganisationen, die Auslandseinsätze für Zahnärzte organisieren, und stieß auf den Verein „Planet Action – Helfende Hände“.

Sie begann, mit den übrigen Teammitgliedern über E-Mail und Skype den Einsatz in Madagaskar zu planen – und sammelte Materialien für den Einsatz. In Kempen ist Kaur in der Praxis von Dr. Niklas Stockmann tätig. Die Praxis hat Kontakt zu vielen weiteren Zahnärzten. Und bei ihnen bat Kaur um Spenden für den Einsatz. So kam allerhand zusammen: Desinfektionsmittel und Handschuhe, Mundschutz und Kopfhauben, aber auch Füllungsmaterial, Zangen und Skalpelle – alles, was man für zahnmedizinische Behandlungen braucht.

Das fünfköpfige Team mit Heiko Fleßner (v.l.), Dr. Komalpreet Kaur, Nathalie Piwonski, Alina Martin und Erik Sillmanns auf dem Schulhof der Sozialstation von Manda.

Foto: Komalpreet Kaur

Schließlich flog die 34-Jährige nach Madagaskar, traf dort in einem Guest House auf die übrigen Teammitglieder: die frisch approbierten Zahnärzte Heiko Fleßner aus Leer und Erik Sillmanns aus Bühl, zwei Studentinnen aus Erlangen, Alina Martin und Nathalie Piwonski. Sonntags zogen die fünf „mit zwölf Koffern voller Material“, wie Kaur erzählt, zur Sozialstation von Manda, einer Nichtregierungsorganisation, die durch den Berliner Verein Zaza Faly gefördert wird. Manda unterstützt Straßenkinder, ermöglicht ihnen einen Zugang zu Bildung, versorgt sie mit Mahlzeiten, sorgt auch für einen gesundheitlichen Check-up. In einem Klassenraum der Vorschule dort richtete das Ärzteteam vorübergehend einen Behandlungsraum ein.

Insgesamt behandelten sie in zwei Wochen 313 Patientinnen und Patienten, zogen 254 Zähne und legten 53 Füllungen. Sie hätten noch viel mehr Menschen behandeln können, sagt Kaur: „Es hat sich rumgesprochen, dass wir da waren, nach den Kindern kamen Lehrer, Eltern, Geschwister. Sie haben sich so gefreut, dass ihnen geholfen wird. Denn sie leben mit Schmerzen.“ Welche Schmerzen schon Kinder dort ertragen, bemerkte Kaur rasch. „Es war ja nicht nur Karies. Teilweise hatten sich Zysten gebildet, war der Knochen schon angegriffen“, berichtet sie und erzählt von einer Achtjährigen, die die Behandlung „so tough mitmachte, das war schon beachtlich, das ist selbst für Erwachsene schwer. Sie hätte schreien oder heulen können, es war wirklich schlimm, aber sie war so tapfer. Ich habe sie danach umarmt“, sagt Kaur und fügt hinzu: „Ich werde diese Kinder nie vergessen.“

Was dem Team auch wichtig war: die Vorbeugung. Zweimal gab es eine Prophylaxe-Session auf dem Schulhof, mit Musik und Tanz dabei. Die Zähne wurden bunt eingefärbt, der Belag weggeputzt, und an der Kontrollstation bekamen die Kinder dann ihre Belohnung: eine Zahnbürste, Zahnpasta und einen Luftballon. Der sei das Highlight für die Kinder schlechthin gewesen, erzählt Kaur, denn Luftballons sind dort teuer, für viele Kinder deshalb etwas ganz Besonderes. In den nächsten Sitzungen stellte das Team bei Kontrolle und Fluoridierung fest: die Aktion hatte etwas bewirkt, „alle Kinder hatten die Zähne sehr gut geputzt, das hat motiviert“, sagt Kaur.