Katastrophenübung in Kempen Größte Übung auf den Gleisen

Kempen · So etwas hat Kempen noch nicht gesehen: Etwa 160 Kräfte probten am Samstag den Ernstfall.

Das Szenario: Autos wurden am Bahnübergang vom Zug erfasst. Fotos: Friedhelm Reimann

Foto: Reimann, Friedhelm (rei)

Eine Schulklasse hat gerade den Krefelder Zoo besucht, sitzt oder steht auf dem Rückweg nach Kleve im „Niers-Express“, als das schreckliche Unglück passiert. Wegen eines Blitzeinschlags hat sich die Schranke am Hoogheweg nicht gesenkt. In der Folge kollidieren vier Autos mit dem Zug. Der Fahrer macht eine Vollbremsung - es nützt nicht viel. Die entsetzliche Bilanz an dem frühen Nachmittag: drei Tote, 50 teils schwer verletzte Menschen.

Es ist zum Glück nur eine Übung, die größte, die es bislang in Kempen und Umgebung gegeben hat. Etwa 160 Rettungs- und Hilfskräfte von Rotem Kreuz (DRK), Feuerwehr, Stadt Kempen und vom Krankenhaus waren am Samstag über drei Stunden lang im Einsatz. Wegen ihres Einsatzes beim Fußball-Länderspiel Niederlande gegen Deutschland mussten kurzfristig Vertreter der Bundespolizei absagen.

Das erste Fahrzeug trifft
gegen 14 Uhr ein

Die Übung, die Kempens stellvertretender Wehrführer und nun Einsatzleiter Thomas Hormanns mit seinem Team, darunter Vertreter der Nordwest-Bahn (NW), seit Mitte 2016 vorbereitet hat, beginnt mit einer etwa zehnminütigen Verspätung. Als erstes Feuerwehrfahrzeug trifft gegen 14 Uhr Henrik Genneper mit Erkundungstrupps ein. Schnell werden alle vier Löschzüge aus Kempen, die Wachtendonker Feuerwehr, DRK aus dem gesamten Kreisgebiet, Katastrophenschutz  und Krankenhaus alarmiert.

     Hormanns teilt die Abschnittsleiter ein. So sind Ralph Stutz und Daniel Lochda mit ihren Leuten für die technischen Hilfen zuständig, Gisbert Hansen ist für die Brandbekämpfung und für die Menschenrettung verantwortlich. Michael Beyer kümmert sich um die die Wasserversorgung, Nico Lorenz ist der leitende von neun Notärzten, die noch kurz zuvor an einer Fortbildungsveranstaltung im Kempener Krankenhaus teilgenommen haben. Aus etwa 100 Metern Höhe sieht sich eine „Drohne“, gesteuert von Klaus Westermann, das Szenario an.

    Stadt-Pressesprecher Christoph Dellmans kümmert sich derweil um die Vertreter der Medien. Kempens Löschzugführer Michael Nagels führt die Pressevertreter wenig später an den drei Gefahrenstellen am Gleisbett vorbei. Vor und hinter dem Zug müssen die Wehrleute vorsichtig und mit entsprechendem Gerät die Verletzten aus den Autos befreien. Scheiben werden beklebt, damit sie nicht zersplittern, Hydraulikzylinder, Scheren und Spreizer kommen zum Einsatz. Der Zugang zum Niers-Express ist etwas einfacher: Es gibt einen äußeren Nothebel, durch den sich alle Türen öffnen lassen.

    Beobachter verfolgten aus nächster Nähe  das Geschehen, darunter Kreis-Brandmeister Rainer Höckels und Kempens Beigeordneter Hans Ferber. Die NW-Bahn sowie die DB Netz AG haben ihre Notfallmanager geschickt. Einige DRKler haben sich die violetten Westen mit der Aufschrift „Notfallseelsorger“ übergezogen. Viele Helfer kümmern sich um die Brandbekämpfung, um die Menschenrettung und Erstversorgung.

Die Großübung dient dazu, dass im Ernstfall alle Rettungskräfte optimal zusammen arbeiten und kommunizieren. So gibt es dann auch eine kurze Pause, um die weitere Vorgehensweise zu besprechen. In dieser Zeit können die geschminkten „Verletzten“ (junge Leute von Feuerwehr und DRK) auf der „Ablagewiese“ vor der Firma Schönmackers etwas durchatmen. Danach klagt Johanna Schmitz (23) wieder über eine „Kopfverletzung“, Maike Marganiec (25) steht wieder „unter Schock“. Sie wurden umgehend ins Krankenhaus gebracht.

Der inszenierte Unfall passierte auf einem Privatgleis der Firma Wall Chemie. Daneben sind Gleise, auf denen tatsächlich der „Niers-Express“ fährt. Um einer Panik vorzubeugen, wurden die Passagiere vorab informiert. Demnächst treffen sich die Verantwortlichen zu einer Abschlussbesprechung.