Baumängel am Bahnhof
Vor fünf Jahren wurde ein falscher Mörtel verwendet. Nun wird saniert.
Kempen. „Was lange währt, wird endlich gut“, sagte der damalige Bürgermeister Karl Hensel (CDU), als er im Mai 2006 den neuen Bahnhofsvorplatz eröffnete. Er bezog sich dabei auf die langwierigen Planungen im Vorfeld, die 15 Jahre dauerten. Der Umbau kostete rund sieben Millionen Euro. Klaus Oberheim von der Deutschen Bahn gratulierte damals zum „herrlichen“ Bahnhof.
Die Freude hielt jedoch nicht lange an. Nur fünf Jahre nach der Eröffnung ist der Bahnhof sanierungsbedürftig. Seit rund drei Wochen sind Arbeiter der Ingenieur-, Hoch- und Tiefbau GmbH (IHT) aus Bochum vor Ort, um den Plattenbelag unter der Unterführung sowie an den Treppen und dem Rondell komplett auszuwechseln.
Wie die WZ erfuhr, entdeckten Mitarbeiter der Stadt bereits 2008 Zersetzungen an den Treppen, die zu den Gleisen führen. Es hatte sich Kalziumhydroxid aus dem Gestein gelöst und ausgewaschen.
Dieser Prozess entsteht, wenn weiches Wasser regelmäßig und über einen längeren Zeitraum mit Beton in Kontakt gerät. Da sich die Treppen am Bahnhof unter freiem Himmel befinden, sind sie Regenwasser, das besonders weich ist, ungeschützt ausgesetzt. Über die Jahre wird das Gestein durch die Auswaschungen porös.
Ein Sprecher der Deutschen Bahn teilte auf Anfrage der WZ mit, dass es sich laut des zuständigen Fachbereichs um „ein rein städtisches Thema handelt, weil die Stadt die Treppen und Rampen gebaut habe und diese auch unterhalte“. Dem widerspricht Stadtsprecher Christoph Dellmans: „Die Stadt Kempen ist nicht an den Sanierungsarbeiten beteiligt.“ Auch die Kosten trage man nicht.
Die Treppen und das Rondell für Rollstuhl- und Radfahrer gehören zwar der Stadt, Bauherr war 2006 jedoch die Firma DB Station und Service. Entsprechend beanstandete die Stadt die Auswaschungen nach der Entdeckung bei der Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn. Diese wandte sich wegen der Gewährleistung wiederum an die Firma IHT, die den Bahnhof damals umgebaut hatte.
„Verantwortlich für den Mangel waren planerische Ursachen“, sagte ein IHT-Bauleiter, der namentlich nicht genannt werden möchte, auf Anfrage der WZ. So habe man einen Mörtel eingesetzt, der nicht „drainfähig“, also wasserdurchlässig, war. Da die DB-Tochter dies in ihren Plänen genau so in Auftrag gegeben habe, sei IHT zunächst nicht bereit gewesen, den Mangel zu beseitigen.
Der IHT-Bauleiter räumte ein, dass auch die Entwässerungsrinnen ausgetauscht werden, weil es damit „Probleme“ gegeben habe. „Man muss aber feststellen, dass es sich um rein optische Mängel handelt“, betonte er. Es sei allerdings fragwürdig, an einem offenen Bahnhof überhaupt hellen Granit zu verarbeiten. Dieser sei grundsätzlich anfällig für Verschmutzungen.
Insgesamt habe die Klärung „zwei bis drei Jahre“ in Anspruch genommen. Zudem habe man einen Gutachter bestellt, um das Problem zu lösen. Die beiden Unternehmen einigten sich nach Worten des Bauleiters schließlich gütlich. Man habe sich auf halbem Weg getroffen. Von Seiten der Firma IHT laufe die Reparatur auf Gewährleistung.
Klaus Oberheim von der DB Station und Service sprach gegenüber der WZ hingegen von einem „Versicherungsfall“. „Es wurden immer wieder Mängel an dem Bahnhof entdeckt“, sagte Oberheim. Diese habe man bei der Abnahme nicht erkennen können. „Wenn man ein Haus baut, reißt man ja auch nicht die Wand wieder auf, um zu sehen, welcher Mörtel verwendet wurde.“
Da IHT nicht für den Schaden aufkommen wollte, wurde ein Gutachter bestellt. Zudem sei unklar gewesen, ob es sich bei den Mängeln um Fahrlässigkeit oder Absicht gehandelt habe. Oberheim: „Das Ganze wurde schließlich bei der Versicherung der Baufirma angemeldet.“ Diese habe den Vorgang als Versicherungsfall anerkannt. Über die Höhe der Kosten wollte keiner der Beteiligten Auskunft geben.
Die Sanierungsarbeiten sollen voraussichtlich Ende Juli beendet sein. Vielleicht wird das, was lange währt, dann wirklich endlich gut.