Die Geschichten der Pilger
Der Heimatverein Grefrath lud zum Austausch über Kevelaer-Wallfahrten ein. Über Fuß- und Radpilger und den Ritt auf Schusters Rappen.
Grefrath. „Schade, dass wir nicht mehr in Schützenuniform zur Kevelaer-Wallfahrt gehen“, sagte Eduard Siemes. Der 68-Jährige gehört seit über 50 Jahren der St. Antonius Bruderschaft Grefrath an, bringt auch ein Bild von 1966 mit, als sich ein großer Pulk von Pilgern auf den Weg machte. Eduard Siemes ist auf Einladung des Heimatvereins Grefrath in die Gaststätte „Bürgerhof“ gekommen. Thema des Abends ist Kevelaer. Der Ort feiert in diesem Jahr sein 375-jähriges Wallfahrts-Jubiläum.
Zu Beginn sagt Stefan Krewet vom Heimatverein-Vorstand den zehn Gästen: „Wir möchten Ihre Erfahrungen sammeln, die Sie als Pilger gemacht haben und diese den nachfolgenden Generationen übermitteln.“ In welcher Form ist noch nicht ganz klar, zunächst sollen erste Erlebnisse und Eindrücke auf den Internet-Seiten des Vereins stehen.
Pfarrer Johannes Quadflieg berichtet darüber, dass erst vor wenigen Tagen für die Grefrather, Vinkrather, Oedter und Mülhausener die Kevelaer-Wallfahrt stattfand. Aufgrund des Wetters sei sie nicht so gut besucht gewesen: „Es waren nur 17 Fußpilger, die mitgingen, außerdem 20 Radpilger.“ Viele kamen mit dem Auto, etwa 150 seien es auf dem Kreuzweg und nahezu 250 bei der Messe gewesen.
„Das waren mal viel mehr“, erinnert sich Bernhard Borsbach. Der Vorsitzende des Fördervereins Laurentius-Werk blättert wenig später im Entwurf einer Pfarrchronik, die bald erscheint — mit den Erinnerungen des mittlerweile verstorbenen Pastors Friedrich Jansen an seine seelsorgerische Tätigkeit in Grefrath (1959 bis 1971). „In dieser Zeit beteiligten sich im Schnitt etwa 80 Fußpilger an dieser Wallfahrt.“ Seit etwa 46 Jahren ist Bernhard Borsbach mit seiner Dorothee verheiratet, die vor ihrer Heirat noch Büssers hieß. Sie erinnert sich noch gut, als sie als Kommunionkind 1957 das erste Mal mitging und die etwa 33 Kilometer lange Strecke auf Schusters Rappen zurücklegte. Damals gehörte ihr Vater, Matthias Büssers, viele Jahre zu den Fußpilgern. „Ich weiß noch, dass mein Vater früher heftig dagegen protestierte, dass die Pilger, die zu Fuß gingen, dann auch noch einen Fußweg zum weit von der Basilika entfernten Bahnhof machen mussten, um dort die Zugpilger abzuholen.“ Dies änderte sich.
Zig Male gingen auch Dieter Schommer, Helma und Bernhard Krewet schon mit.
Die erste Grefrather Kevelaer-Wallfahrt fand bereits 1734 statt. „Wir haben unterwegs den Rosenkranz gebetet oder Fürbitten gelesen und uns dabei den Segen der jeweiligen Pfarrpatrone erhofft. Gingen wir durch Wankum, war dies der Heilige Martin, in Straelen Peter und Paul, in Walbeck die Luzia und in Lüllingen der Rochus“, so Dorothee Borsbach.
Früher wurden sogar Sonderzüge zu dieser Wallfahrt eingesetzt. Diese Zeiten sind lange vorbei. Auch die, als noch viele Schützen mitgingen und der Musikverein unterwegs unter anderem den Laurentius-Marsch „Die Palm hast du errungen“ spielte.
Einige Pilger konnten sich noch an einen Unfall im Jahre 1965 erinnern. Es war wenige Stunden nach Mitternacht, als die Fußpilger bei völliger Dunkelheit von Grefrath aus losmarschierten. Eine Autofahrerin überholte hinten den letzten Wallfahrer, der eine Laterne trug, schwenkte dann aber wieder ein und verletzte einige Frauen, teilweise schwer. Noch lange danach wurde deswegen gerichtliche Prozesse geführt. Der damalige Kaplan wurde nach dem Vorwurf der Verletzung der Aufsichtspflicht auf dem nur spärlich beleuchteten Weg Richtung Wankum freigesprochen, das Verfahren gegen Pastor Jansen wurde eingestellt. Die Autofahrerin musste eine Strafe von 150 DM zahlen.