St. Hubert Die Kaltblut-Züchter vom Lenzenhof

Gudrun und Hans Josef Goetzens aus Voesch lieben, pflegen und trainieren Rheinische und Schwarzwälder Kaltblutpferde. Ein Besuch bei zwei richtigen Pferdefreunden.

Foto: Kurt Lübke

St. Hubert. Alyessa wird im Stall angespannt. Eine Kutschfahrt auf der 800-Meter-Naturbahn rund um die Pferdeweiden des Lenzenhofs in Voesch steht auf dem Trainingsprogramm am Vormittag. Alyessa ist von stattlicher Schönheit - geradezu majestätisch, wenn man ihr so nahe kommt, dass keine Strohhalmlänge Platz mehr dazwischen ist.

Das Rheinisch-Deutsche Kaltblut ist sieben Jahre alt. 2013 wurde Alyessa als Elite-stute von Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Man glaubt es sofort. Ein beeindruckendes Tier. Auch vier Jahre später. Gudrun Goetzens liebt diese Rasse. Sie will als Züchterin den Beweis antreten, dass ein Kaltblut heutzutage nicht mehr das Kennzeichen „Ackergaul“ verdient, sondern als Freizeitpferd seine Fangemeinde vergrößern kann.

Mit ihrem Mann Hans Josef züchtet Gudrun Goetzens wieder diese robusten Pferde und knüpft damit an die ursprüngliche Tradition des Hofes an. Auf dem elterlichen Betrieb ihres Mannes wurde in den 60er Jahren mit Kaltblütern gearbeitet.

Dann setzte die Hochzeit der Traber ein. Rennbahnen erlebten ihre Blütezeit. Recklinghausen, Gelsenkirchen, Dinslaken und Gladbach. Der Lenzenhof konzentrierte sich ab den 70er Jahren als Renn- und Zuchtbetrieb auf Traber. „Die Trabrennbahn in Mönchengladbach“, sagt Gudrun Goetzens, „war wie unser Wohnzimmer.“ Doch die Bedeutung dieses Sports nahm wieder ab. 2008 wurde in Voesch das Kapitel „Traber“ beendet und ein neues altes wieder aufgeschlagen. Ein gerahmtes Bild im Wohnzimmer der Goetzens, das ein Foto von Kaltblutpferd Florenz vom Lenzenhof zeigt, Siegerhengst 1957, gab den Ausschlag. „Da wollen wir wieder hin“, sagt Gudrun Goetzens. Jedenfalls fast. Denn Kaltblut Florenz sieht noch aus, als könnte er an einem Tag vier Äcker durchpflügen. Mit Alyessa wird anders gearbeitet.

Goetzens Tochter Natalie Goetzens-Post hat inzwischen mit den beiden Wolfspitz-Mischlingen Lisa und Elly Platz in der Kutsche genommen und lässt Alyessa zur Naturbahn traben. Ab der Kurve nimmt das Tier Tempo auf. Ein kraftvoller, athletischer Lauf. Gudrun Goetzens schaut dem Gespann hinterher: „Das ist doch kein Gaul“, sagt sie über Alyessa. Stolz und Liebe zum Tier sind in dem Moment untrennbar.

Alyessa wird „unterm Sattel“ und in der Kutsche trainiert, etwa alle zwei Tage geritten oder gefahren. Die Arbeit mit dem Tier nehmen die Goetzens sehr ernst. Sie wollen, dass die Kaltblüter mit dem Beinamen „vom Lenzenhof“ für ein Prädikat stehen. Erste Erfolge des Hofs, den Hans Josef Goetzens als „klitzekleinen“ Zuchtbetrieb beschreibt, stellen sich ein.

Alyessa hat bereits ein Hengstfohlen geboren, Hannes vom Lenzenhof. Er grast auf der Wiese, während die Mutterstute ihre Runde dreht. Die Goetzens beginnen mit der Ausbildung der Jährlinge im Beiritt und im Kutschefahren auf dem eigenen Gelände. Sie werden so auf die Leistungsprüfungen und den Verkauf vorbereitet. Außerdem werden die Tiere über Straßen, Wirtschafts- und Fahrradwege bewegt, damit sie sich auch in fremder Umgebung zurecht finden.

2018 wird Hannes als Zweijähriger Fachleuten vorgestellt und begutachtet werden Die so genannte Körung wird am Schloss Wickrath erfolgen. Die Goetzens hoffen, dass ihre hochwertige Qualität erkannt und geschätzt wird.

Das Ehepaar widmet sich mittlerweile hauptberuflich den Tieren. Sie war früher Kinderkrankenschwester. Ihr Mann als war Kfz-Mechaniker auf der Zeche. Unterstützt werden sie durch ihre Tochter Natalie Goetzens-Post und Schwiegersohn Thomas.

Die Hilfe ist nötig, denn die Kaltblüter sind nicht die einzigen Tiere. Denn die Goetzens haben ihr Herz auch an Schwarzwälder Kaltblutpferde verloren, die Pferde mit den blonden Mähnen. „Wir haben uns sofort in unsere beiden Stuten verliebt“, sagt Gudrun Goetzens. 2009 war das. Als Dreijährige wurden Ilka und Dorin, beide mittlerweile acht Jahre alt, vorgestellt. „Da konnte niemand vorbeigucken. Sie wurden als Stuten prämiert.“ Der Nachwuchs steht schon auf den Lenzenhof-Weiden. Ilka hat eine Stute geboren, Laura vom Lenzenhof. Dorins Hengstfohlen Mauro teilt sich mit Hannes eine Weide. Bei der Hengstsuche haben die Goetzens genau hingeschaut. Im Münsterland wurden sie fündig, auf einem ebenfalls kleinen Hof. Klein, so soll auch der Zuchtbetrieb in Voesch bleiben. Mehr als die vorhandenen neun Boxen sollen nicht belegt werden. „Wir wollen es vernünftig machen. Und immer die Übersicht behalten.“

Der Name Goetzens aus Voesch hat in Pferdekennerkreisen Klang. Aachen hat sich kürzlich gemeldet. Kaltblutstute Alyessa soll beim weltbekannten CHIO am 21. Juli im Rahmenprogramm auftreten.