Kempen/Kreis Viersen Die Niederrheiner feiern ihr Oktoberfest

Der Brauch aus dem Süden, große Volksfeste zu feiern, ist seit einigen Jahren auch bei uns angekommen.

Foto: Friedhelm Reimann

Kreis Viersen. Im Herbst zieht es Jahr für Jahr viele Niederrheiner zu den großen Volksfesten im Süden, zum Beispiel nach München oder zu den Cannstatter Wasen in Stuttgart. Die bayrische Tradition ist aber auch am Niederrhein angekommen. Schon seit einigen Jahren sind Oktoberfeste hierzulande etabliert. Und auch, wenn am ersten Oktoberwochenende traditionell die Wiesn in München endet, wird am Niederrhein in Blau und Weiß weiter gefeiert.

Ein Zentrum der Liebe zu Bayern liegt am Niederrhein in Nettetal-Glabbach, zwischen Hinsbeck und Vinkrath. Dort führt Hans Bloemen das Schützenhaus „Bayernstuben“. Jeden Mittwoch kommen Besucher aus der Region — und manchmal sogar aus Bayern — dort ab 18 Uhr auf dem „Franz-Josef-Strauß-Platz“ zum bayrischen Kultabend zusammen. Als er 1985 mit dem Schützenhaus angefangen habe, erinnert sich Bloemen, habe man den Bayern-Fan belächelt. Mittlerweile finden sich auch am Niederrhein immer mehr Bayern-Freunde. „Man soll es kaum glauben, wie viele sich mit Bayern und der CSU identifizieren“, berichtet das CSU-Ehrenmitglied. Auch viele junge Menschen ließen sich vom Bayern-Virus anstecken. Bei seinem großen Oktoberfest begrüßte Bloemen fast 500 Gäste — viele davon traditionell gekleidet.

In Bayern werde Heimat und Tradition hochgehalten. „Und was ich schätze, ist, dass, wenn etwas nicht in Ordnung ist, das auch angesprochen wird“, so Bloemen. Bloemen hat sogar eigens einen „Stadel“ aus Bayern an den Niederrhein geholt. Inzwischen steht die Hütte neben dem Grefrather Eisstadion und kann dort für Feiern im echt bayrischen Ambiente gemietet werden. Und das kommt gut an. Aber nicht mehr lang.

Im Januar soll die Hütte wieder nach Glabbach zurückgebracht werden, so Bloemen. Zu einem traditionellen Oktoberfest gehört auch das richtige Bier. „Es gibt viele, auch kleine Brauereien, die hervorragendes Bier brauen“, weiß Bloemen. Das von ihm angebotene Bayreuther Hell komme bei den Kunden gut an.

Dass das Bier aus Bayern auch bei Niederrheinern angesagt ist, weiß auch Sven Superat. Im Getränkemarkt Trinkgut an der Kleinbahnstraße in Kempen freuen sich die Kunden schon auf den Herbst. „Das Oktoberfest-Bier ist jedes Jahr sehr gefragt. Die Kunden erkundigen sich schon immer danach, wann es das wieder gibt - und meistens fragen sie auch noch danach, wenn es schon weg ist“, so Superat. Einige Sorten sind bereits ausverkauft.

Im Vergleich zu anderen Bieren hat das Oktoberfestbier mehr Stammwürze und daher auch einen höheren Alkoholgehalt, der zwischen 5,8 und 6,3 Volumen-Prozent liegt. Sechs Münchner Brauereien, die sich zum Verein Münchner Brauereien zusammengeschlossen haben, dürfen das markenrechtlich geschützte Oktoberfestbier brauen.

Zum bayrischen Fest gehört natürlich das passende Outfit. Mittlerweile kann man in vielen Geschäften Dirndl und Co. kaufen. Es muss nicht gleich das komplette Wiesn-Outfit samt Lederhose sein. Auch Mode, die sich an der bayerischen Tracht orientiert, ist gefragt.

Mode im Bayern-Stil zum Beispiel mit Hemden in rot oder blau kariert mit Knöpfen in Holzoptik oder Strickjanker gibt es zum Beispiel bei Herrenmode Sander an der Engerstraße in Kempen. Rund um Dirndl und Lederhose ist es beim Willicher Uniformhaus allerdings ruhiger geworden. „Weil man sie ja mittlerweile überall findet“, sagt Inhaber Jörg Becker. In den vergangenen Jahren habe er noch mehr verkauft. In diesem Jahr seien die bayrischen Stücke bei ihm daher auch runtergesetzt. Er biete Lederhosen, Dirndl und Co. in einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Aber viele Niederrheiner würden doch auf günstigere Möglichkeiten zurückgreifen. Schade, findet Becker, denn: „Tracht ist eine Kleidungskultur.“ In dem Fachgeschäft an der Kreuzstraße setzt man auf Maßanfertigungen. Und da investieren die Niederrheiner dann doch lieber in das heimische Brauchtum. So sind die Arbeiten an Prinzenornaten und Uniformen für den Karneval im Willicher Uniformhaus in vollem Gange.