Kempen Sorge um verkaufsoffene Sonntage

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit der Termine infrage. In Kempen wollen Verwaltung und Werbering nun genau auf die Konzepte der ausgewählten Feste in der Altstadt schauen.

Foto: Kurt Lübke

Kempen. Glückliche Einzelhändler, zufriedene Kunden, eine volle Innenstadt — nach dem erfolgreichen Handwerkermarkt am Wochenende (siehe auch Artikel unten) könnte die Laune bei den Verantwortlichen von Stadt und Werbering eigentlich nicht besser sein. Eigentlich. Denn mit Blick auf die Zukunft der sogenannten verkaufsoffenen Sonntage gibt es derzeit große Sorgen. Grund dafür ist in erster Linie ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster, dass die Freiheiten bei den Genehmigungen der Termine einschränkt.

Das Gericht hatte im Kreis Mettmann einen verkaufsoffenen Sonntag untersagt, der in Verbindung mit einem Kinderfest stand. Das Ausmaß dieser eher kleineren Veranstaltung sei kein ausreichender Anlass für einen verkaufsoffenen Sonntag. Das Gericht hat festgelegt, dass Städte einen Sonntag nur verkaufsoffen machen dürfen, wenn zu dem Anlass mehr Besucher erwartet werden als Menschen, die allein wegen der Öffnung der Geschäfte kommen würden.

Anlass des Urteils war im Sommer eine Klage der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Eine Ankündigung der Gewerkschaft nach dem Urteil sorgt bei Kommunen und Händlern in NRW für Unruhe: Verdi will sich die Begründungen für die offenen Sonntage in den Kommunen nun genau anschauen, um den Schutz der Arbeitnehmer im Einzelhandel vor zu vielen Einsätzen am Sonntag zu forcieren.

„In der Tat müssen wir uns konkret mit diesem Thema beschäftigen“, sagt Kempens Stadtsprecher Christoph Dellmans. Man stehe im intensiven Austausch mit dem Werbering, um die Konzepte der Kempener Stadtfeste zu prüfen. „Wir müssen einfach sicher gehen, dass die Feste als Anlass für einen offenen Sonntag ausreichen. Und dass die Konzepte einer Klage standhalten würden“, so der Stadtsprecher.

Wenig Sorgen hat Dellmans, der auch für das Stadtmarketing zuständig ist, bei den vier Weihnachtsmärkten im Advent. „Am verkaufsoffenen Wochenende kommen genauso viele Menschen in die Stadt wie an den anderen Wochenenden“, sagt Dellmans. Auch beim Altstadtfest im Mai und beim Handwerkermarkt sei die Lage ähnlich: Die Feste lockten die Massen — nicht die offenen Geschäfte.

Mit Blick auf das geplante neue Frühlingsfest im kommenden April werden Stadt und Werbering nun intensiv ein Konzept erarbeiten. Das bestätigt Werbering-Chef Armin Horst. „Ich denke, dass es uns gelingen wird, ein attraktives Frühlingsfest als Anlass auf die Beine zu stellen“, sagt der Vorsitzende mit Zuversicht.

Sorgen bereiten ihm allerdings die „Mitglieder in der Peripherie der Altstadt“. Gemeint sind damit zum Beispiel die Baumärkte Self und Obi sowie der Elektronikhandel Medi-Max, die ebenfalls an verkaufsoffenen Sonntagen ihre Ladentüren öffnen. „Das Gesetz sieht auch vor, dass sich die geöffneten Läden unmittelbar in der Nähe des Anlasses — also des Festes — befinden müssen“, so Horst. Daher müsse wohl für die Baumärkte und Co. eine neue Lösung her. Möglicherweise könnte man auf dem Parkplatz eines Baumarktes Stände aufbauen, die in Verbindung mit dem jeweiligen Stadtfest stehen. „Dazu gibt es aber noch keine konkreten Überlegungen“, so Horst.

Grundsätzlich sieht der Vertreter der Gewerbetreibenden den „Sturmlauf“ der Gewerkschaften kritisch. „Am Sonntag zu arbeiten, ist für niemanden schön. Allerdings sorgen die verkaufsoffenen Sonntage im Einzelhandel auch dafür, die Arbeitsplätze langfristig zu sichern“, sagt Armin Horst. Die Umsätze an diesen Sonntagen und vor allem die Werbung seien für die Händler in der Altstadt nahezu überlebenswichtig. „Kunden, die zu einem Stadtfest mit verkaufsoffenem Sonntag nach Kempen kommen, kommen meist auch ohne Anlass wieder“, so Horst. Jüngst habe ihm eine Einzelhändlerin berichtet, dass inzwischen 40 Prozent ihrer Kunden nicht aus Kempen kommen. Horst: „Wir brauchen die offenen Sonntage, um über den Kempener Tellerrand zu schauen.“