Grefrath: Jede Menge Spaß im Flachs

Ernte: Im Grefrather Freilichtmuseum konnten die Besucher beim Raufen und Riffeln dabei sein.

Grefrath. Es wurde gerauft und geriffelt am Samstagnachmittag auf dem rund 1000 Quadratmeter großen Flachsfeld des Grefrather Freilichtmuseums. Unweit des Bienenhauses hatten sich rund 60 Besucher zur Flachsernte eingefunden. Walter Tillmann vom Textilmuseum "Die Scheune" in Hinsbeck schlüpfte mit seinen 83 Jahren in die Rolle des Vorarbeiters, Birgit Lienen (48) von der Nette-Agentur, ermunterte die Unentschlossenen zum Mitmachen: "Das ist gar nicht schwer."

Das extreme Wetter - die Kälte im Frühjahr, die Hitze im Juli - hatte laut Tillmann seine Spuren hinterlassen: Er sprach von einer "Notreife". Und er erinnerte an eine alte Bauernregel: "Faserleinen soll am 100. Tag im Jahr ausgesät werden. Es bedarf rund 100 Sonnenscheinstunden, bis die ersten Keimpflänzchen zu sehen sind. Danach vergehen bis zur Ernte noch 100 Tage."

Widrige Wetterverhältnisse haben dafür gesorgt, dass das Wachstum in diesem Jahr unterdurchschnittlich ausgefallen ist - die Folge ist eine weitere Abweichung von einer anderen Bauernregel: "Die Stempel sollten einem mittelgroßen Mann bis an die Westentasche reichen", erklärte Tillmann und wies darauf hin, dass die Pflanze in diesem Jahr rund zehn Zentimeter kürzer sei. Er mahnte zu sorgfältigem Umgang mit der wertvollen Ernte.

In der Wegberger Schofmühle werden die Samenkapseln zu Leinöl verarbeitet. Das sei aber nur ein Nebenprodukt: Im Mittelpunkt stehen die Fasern, die von ihrem Holzkern getrennt werden müssen. "Dafür legt man sie in so genannte Flachskuhlen, in denen Pilze und Bakterien sind", erläuterte Birgit Lienen von der Nette-Agentur.

"Gerade rausziehen, damit die Stempel nicht geknickt werden." Walter Tillmann gab genaue Anweisungen, die auch der 64-jährige Heinz Schmitz aus Nettetal befolgte. Er hatte im Frühjahr zu den ehrenamtlichen Sä-Männern gehört, und wollte jetzt bei der Ernte nicht fehlen.

Neben den Erwachsenen waren auch etliche Kinder gekommen. Sie probierten den Leinsamen, dessen Geschmack an den von Nüssen erinnert. "Das ist gut gegen Magenverstimmung", wusste Walter Tillmann zu berichten. Der sechsjährige Annis aus Grefrath brachte Vorkenntnisse der Flachsverarbeitung aus dem Bilderbuch mit. Er und Mutter Gisela Charaf wollten jetzt sehen, wie Theorie und Praxis übereinstimmen.