Im Freilichtmuseum schwelen die Kohlen
Mitglieder der Köhlerei Reichswalde betreiben historischen Holzkohle-Meiler auf Museumsgelände.
Grefrath. Ab Donnerstag wandern die Besucher des Niederrheinischen Freilichtmuseums buchstäblich „auf dem Holzweg“. Denn bis zum 9. Juni zeigen einige Mitglieder der Köhlerei Reichswalde aus Kleve, wie Holzkohle durch einen historischen Meiler gewonnen wird. Zudem berichten sie den Besuchern von den vielen Sprichwörtern und Geschichten, die sich um das Handwerk ranken. Los geht es mit der Entzündung des Meilers an Fronleichnam um 11 Uhr. Die Aktion endet mit einem großen Meilerfest unter dem Titel „Holz und Kohle“.
Die Spannung auf dem Museumsgelände steigt, denn zum ersten Mal gastiert die Köhlergruppe um Wilhelm Papen in Grefrath. „Es juckt schon allen in den Fingern“, erzählt Kevin Gröwig, stellvertretender Museumsleiter. „Auch viele Erwachsene wissen nicht, dass das Köhlerhandwerk am Niederrhein betrieben wurde. Deshalb wollen wir darüber informieren.“ Während sich der Holzkohle-Meiler noch im Aufbau befindet, erzählt Papen von der Geschichte der Köhlerei. „Die älteste je gefundene Holzkohle aus dem Reichswald stammt aus dem 14. Jahrhundert“, erzählt er. „Bis 1920 gab es auch am Niederrhein noch Köhler.“
1977 sei er durch einen Pastor mit dem Handwerk „infiziert worden“, berichtet Papen. Seit 1992 haben er und die Mitglieder der Köhlerei aus Kleve es sich zur Aufgabe gemacht, die alte Tradition fortzuführen. Insgesamt hat die Gruppe 18 Mitglieder. „Die ganzen Familien stehen dahinter, auch einige der Kinder wollen Köhler werden“, so Papen.
Wenn der rund 2,50 Meter hohe und 4,50 Meter breite Meiler auf dem Museumsgelände am Donnerstag entzündet wird, muss er anschließend rund um die Uhr bewacht werden. Insgesamt vier Köhler gastieren daher dauerhaft auf dem Gelände. „Die ersten zwei Tage sind besonders heikel. Ein sorgfältiger Aufbau ist daher wichtig, damit nichts schief geht“, erzählt der 57-jährige Papen. „Wir arbeiten nur mit Buchenholz, theoretisch kann aber jedes Holz verwendet werden.“ Im Inneren des Meilers befinden sich mehrere Schichten des trockenen Holzes, das zu einem Stoß aufgetürmt wurde. Dieser fasst etwa 17 bis 18 Raummeter. Der gesamte Holzstoß wird mit Mutterboden abgedeckt, so dass nach dem Entzünden durch Luftabschluss langsam Holzkohle entsteht.
„Damit keine ungewollten Löcher aufplatzen, wird der Erdmantel mit dem Wahammer ständig festgeklopft“, so Papen. Da Feuer und Glut aber Luft brauchen, um zu brennen, sind einige Löcher im Meiler gewollt. Die Rauch- und Zuglöcher werden mit dem sogenannten Ruhmenstecher platziert. Damit sie an Ort und Stelle bleiben, setzen die Reichswalder Köhler Metallrohre ein, die verschlossen werden können. „Die Löcher an der Wind abgewandten Seite werden geöffnet. Außerdem wird durch den Raum unter den Paletten Luft in den Meiler gezogen. Das kann man sehen, wenn man eine Zigarette an den Meiler hält“, erklärt Papen. Idealerweise sollte es für den Meiler trocken sein, die Temperaturen sollten bei 15 bis 20 Grad liegen. „Regen ist unser schlimmster Feind, weil die Erde abrutschen kann. Unsere Abdeckplanen liegen immer parat“, erzählt der gelernte Schreiner.
Meiler-Kohle unterscheidet sich stark von Holzkohle aus dem Supermarkt. Letztere enthält nur 70 Prozent Kohlenstoff, Meiler-Kohle aus dem Reichswald hingegen hat einen Kohlenstoffgehalt von 92 Prozent. „Gute Kohle stinkt nicht und lässt sich leichter entzünden, als weniger hochwertige. Außerdem kann man sie ablöschen und noch einmal verwenden“, sagt Papen. „Wer gerne grillt, wird sich die Hände danach reiben.“
Wenn der Meiler dann etwa am 8. Juni „gar“ ist und „geerntet“ werden kann, wird die entstandene Holzkohle in Fünf-Kilo-Säcken zum Preis von zehn Euro auf dem Meilerfest im Museum verkauft — solange der Vorrat reicht.