Karl Hensel: "Die Kartons sind gepackt"
Bürgermeister Karl Hensel geht nach 36 Jahren im Rathaus in den Ruhestand.
Kempen. 1973 kam der Dülkener Karl Hensel als Rechtsrat ins Kempener Rathaus. Am Dienstag hat der 64-Jährige am Buttermarkt1 seinen letzten Arbeitstag- eine Ära geht zu Ende. Die WZ befragte Hensel, seit 1990 Stadtdirektor und seit 1999 erster Hauptamtlicher Bürgermeister Kempens, was in seiner langen Amtszeit herausragte und wie er die Zukunft als Ruheständler gestalten will.
Karl Hensel: Die deutsche Wiedervereinigung 1990 war einschneidend, weil sie auch für Kempen Veränderungen mit sich brachte. Ich erinnere nur an die Partnerschaft mit der sächsischen Stadt Werdau, die wir bis heute mit Leben füllen. Ich freue mich, dass zu meinem Abschied auch eine Delegation aus Werdau kommt.
Hensel: Beharrlich und mit offenem Visier. Ich habe nie für mich reklamiert, alles richtig gemacht zu haben. Aber ich habe nie A gesagt und B gedacht. Ich denke, deshalb hatte ich sowohl im Rat und seinen Ausschüssen als auch in der Stadtverwaltung einen hohen Vertrauensvorschuss. Diese Vertrauensbasis war immer Grundlage unserer fruchtbaren Zusammenarbeit.
Hensel: Beispielsweise bei der Umgehungsstraße, die wir 1994 nach vielen Widerständen und Rückschlägen in Betrieb genommen haben. Aber auch bei wegweisenden Projekten wie der Sanierung des Bahnhofs oder des Arnold-Areals.
Hensel: Als ich 1973 als rechte Hand von Stadtdirektor Klaus Hülshoff hier angetreten bin, ging es Kempen ja nicht so gut wie heute. Das Hagelkreuz war durch den Kuhn-Konkurs in die Schieflage geraten, wir mussten durch den Wegzug der Kreisverwaltung rund 1000 Arbeitsplätze auffangen. Die größeren Unternehmen wie Düllmann, Arnold oder deBeukelaer ließen sich an einer Hand abzählen. Da mussten wir in der Rathausspitze die Ärmel aufkrempeln. Daraus hat sich ein gesunder Branchen-Mix entwickelt mit einigen herausragenden Eckpfeilern.
Hensel: Ja. Man kann sagen, dass die Wirtschaft heute Vertrauen in den Standort Kempen hat und sich hier gerne ansiedelt. Die Absatzzentrale hat die Enttäuschung Bauerfeind wettgemacht.
Hensel: Ja, am Bauerfeind-Wegzug nach Thüringen knacke ich noch immer, das hat weh getan. Vor allem, wie sich ein großer Arbeitgeber nach so vielen Jahren so lapidar nur mit einem Brief verabschiedet hat: Das war’s.
Hensel: Richtig. Die dicke Akte ECF konnten wir nach der millionenschweren Sanierung beruhigt schließen. Und an der Wiesenstraße steht demnächst eine Auskofferung des Bodens an, das wird gleichfalls bereinigt.
Hensel: Das würdevolle Leben im Alter ist mir ein echtes Anliegen. Deshalb werde ich weiter im Vorstand der von-Broichhausen-Stiftung arbeiten. Mit Krankenhaus und zwei Altenheimen rückt diese Stiftung das Thema ja in den Fokus.
Hensel: Gegenüber dem von-Broichhausen-Stift am Heyerdrink haben wir Flächen angekauft, da erfolgt eine Erweiterung. Und an der Wiesenstraße haben wir sowohl beim ehemaligen Arbeitsamt als auch auf der Hemesath-Seite seniorengerechtes bzw. alternatives Wohnen im Blick.
Hensel: (lacht) Nun, ich werde als Pensionär keine Karriereplanung nach der Karriere in Angriff nehmen. Erst mal stehen Dinge privater Natur an, die lange liegengeblieben sind: Etwa eine Schiffsreise mit meiner Frau zum Nordkap oder häufigerer Besuch bei meinen studierenden Söhnen.
Hensel: Rational will ich es auf jeden Fall. Wie es in mir aussieht, das wird sich noch zeigen. 36 Jahre kann man schließlich nicht mit einem Wimpernschlag abhaken. Mit Blick aufs Rathaus sehe ich aber beruhigt in die Zukunft. Ich hatte mit Klaus Hülshoff einen guten Lehrmeister, habe die Arbeit kontinuierlich fortgeführt. Und beim neuen Bürgermeister Volker Rübo habe ich keine Sorge, dass er diese Linie mit ruhiger Hand weiterentwickeln wird.