Personal-Entscheidungen Kempen: Drei Männer und drei Wahlen
Kempen · Unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen stehen nächste Woche drei Wahltermine an. Im Fokus stehen Michael Klee, Christoph Dellmans und Philipp Kraft. Eine Analyse.
Politik und Verwaltung in Kempen stehen mal wieder vor einer Woche, die es in sich hat. Am Dienstag und Donnerstag geht es um drei Personalentscheidungen, die richtungsweisend für die Stadt sein könnten. Die Ausgangssituationen in diesen Personalfragen sind indes völlig unterschiedlich. Im Zentrum dieser Fragen stehen Sozialdezernent Michael Klee sowie die beiden auserkorenen Bürgermeister-Kandidaten Philipp Kraft (CDU) und Christoph Dellmans (SPD und Grüne).
Los geht es am Dienstagabend um 18 Uhr im Ratssaal. Dann steht die „Wiederwahl des Beigeordneten Michael Klee – Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen“ auf der Tagesordnung. So sachlich es in der Vorlage der Verwaltung formuliert ist, so emotional wird es vermutlich in der Sitzung zugehen. Klee hat bereits im März von CDU, FDP und Die Linke den Hinweis bekommen, dass die Fraktionen ihn nach März 2020 nicht für eine weitere Amtszeit vorsehen. Es folgte eine Diskussion rund um die (Un)-Zufriedenheit mit der Arbeit des Dezernenten für Schule, Soziales, Sport und Jugend.
Vor allem die CDU drückte ihr Unbehagen auch öffentlich aus. „Wir sehen seine Tätigkeit rückblickend kritisch. Er hat viele Erwartungen geweckt, die niemals erfüllt werden konnten“, so der damalige Fraktionsvorsitzende Wilfried Bogedain im März im Rahmen eines Pressegesprächs. Das war sicher eine harte, aber wohl keine verletzende Kritik an einem Wahlbeamten. Anders schätzen einige Ratsmitglieder und Beobachter die jüngsten Aussagen des neuen Fraktionschefs Jochen Herbst ein. Dessen Kritik im Zusammenhang mit der Debatte über die Gesamtschul-Gebäude gipfelte in der Frage „Herr Klee, was haben Sie eigentlich in den vergangenen Jahren gemacht?“.
Kommen wir zur Sache. Der Stadtrat hat bei der Wahl des Beigeordneten 44 Stimmen zu vergeben. Die Fraktionen von CDU (20), FDP (3) und Linke (2) kommen gemeinsam auf 25 Stimmen. Sollte die Meinung gegen Klee in der gesamten CDU Bestand haben, ist dies gegenüber den 18 Stimmen von SPD (11), Grünen (5) und Freien Wählern Kempen (2), die auch zu Klee tendieren, eine komfortable Mehrheit. Im Rennen sind dann noch die Stimmen des fraktionslosen Ratsherrn Jeyaratnam Caniceus, der nach einem Streit aus den Grünen ausgetreten war, und von Bürgermeister Volker Rübo (CDU).
Der Antrag von SPD und Grünen, für den Klee sein Okay gegeben hatte, dürfte darauf abzielen, dass es in den Reihen der Union Stadtverordnete gibt, die womöglich doch für einen Verbleib des Dezernenten sind. Daher ist nicht unwahrscheinlich, dass es von Rot-Grün einen Antrag auf geheime Abstimmung geben wird. Dann könnten sich Christdemokraten eher einem möglichen Fraktionszwang entziehen.
Rund um Dellmans herrscht weiterhin rot-grüne Euphorie
Während es bei Michael Klee (58) schon jetzt um seine berufliche Zukunft geht, haben Christoph Dellmans und Philipp Kraft bei dieser Frage noch ein gutes Jahr Zeit. Beide wollen am 13. September als Bürgermeister-Kandidat antreten. Dafür werden am Donnerstag in den Parteien die Weichen gestellt. Die CDU will ihren Vorsitzenden Kraft ab 19.30 Uhr im Kolpinghaus nominieren. Eine halbe Stunde früher soll eine gemeinsame Mitgliederversammlung von SPD und Grünen im Technologie- und Gründerzentrum Niederrhein (TZN) beginnen. Dort soll der parteilose Stadtsprecher Dellmans nun auch offiziell zum Kandidaten gekürt werden. Die Parallelität der Termine ist ebenso zufällig wie passend für das Kempener Bürgermeister-Rennen.
Euphorie herrscht in den Reihen von Rot-Grün bereits seit Mitte März, als man Dellmans überraschend als Wunsch-Kandidaten präsentiert und ohne Frage einen Coup gelandet hatte. Bei SPD und Grünen wird erstmals eine realistische Chance gesehen, dass ein Kempener Bürgermeister kein CDU-Mitglied ist. Daher dürfte die Unterstützung der anwesenden Mitglieder für den stadtbekannten Dellmans am Donnerstag groß sein.
Für den 52-jährigen Pressesprecher der Stadt beginnt mit seiner offiziellen Aufstellung die spannendste Zeit seiner beruflichen Laufbahn. Im Job zu Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber und zu Neutralität gegenüber der Öffentlichkeit verpflichtet, muss der Kandidat Dellmans ab Donnerstagabend auch öffentlich zu verschiedenen Themen Postion beziehen.
Bei Philipp Kraft hat das Bekanntmachen längst begonnen
Während Dellmans im TZN möglicherweise vor einem Schulz’schen Ergebnis (der einstige SPD-Chef holte 100 Prozent bei seiner Vorsitzendenwahl) steht, geht es bei Philipp Kraft im Kolpinghaus noch mehr ums Stimmensammeln. Seit September 2018 ist der 45-Jährige Vorsitzender der CDU. In den kommunalen Parlamenten war der Senior-Personalmanager des Weltkonzerns 3M noch nicht allzu lange vertreten. Ein Kreistags-Mandat musste er aus beruflichen Gründen niederlegen. Kraft muss sich nun bekanntmachen, muss überzeugen. Innerhalb der Partei bekommt er dafür am Donnerstag die Bühne im Kolpinghaus. Die führenden CDU-Köpfe Kempens, die bereits von den fachlichen Fähigkeiten Krafts überzeugt sind, hoffen auf viele weitere Überzeugte in den Reihen der Mitglieder. Sie und Kraft wünschen sich ein überzeugendes Ergebnis.
Außerhalb der Union hat das Bekanntmachen für Philipp Kraft schon längst begonnen. Seit neuestem ist er als digitale Person im sozialen Netzwerk Facebook aktiv. Dort wird die persönliche und reale Vorstellungsreise durch Kempen, St. Hubert und Tönisberg dokumentiert: Kartofell-Treff, Familientrödelmarkt, Kürbisfest – der zweifache Vater war dabei. Ebenso sichtbar ist Kraft inzwischen im Ratssaal am Buttermarkt. Bei Ausschusssitzungen ist er im Zuschauerraum und sucht auch den Dialog mit Bürgern. Zum Beispiel anlässlich der Debatte um die Ausrufung des Klimanotstands im Juli.
Übrigens verläuft die steigende Präsenz von Philipp Kraft im Ratsaal auch parallel zu Christoph Dellmans’ geändertem Teilnahme-Verhalten. Denn auch der Stadtsprecher nutzt die Möglichkeit als Verwaltungsmitarbeiter, die Ausschuss-Sitzungen wahrzunehmen, deutlich häufiger als es früher der Fall war. Das Rennen um den Chefsessel im Rathaus läuft. Ab Donnerstag noch ein bisschen schneller.