Konstantin Reinfeld in Kempen Mundharmonika einmal ganz anders
Kempen · Der gebürtige Kempener Konstantin Reinfeld, der als einer der besten Mundharmonikaspieler weltweit gilt, feierte nach zehn Jahren ein konzertantes Wiedersehen mit seinem Publikum in der Paterskirche.
Alles, was man bisher von der Mundharmonika und ihrem Klang wusste, kann man getrost vergessen, wenn man Konstantin Reinfeld zuhört. Das in seinen Händen fast verschwindende Instrument – nur dezent und unaufdringlich verstärkt – weiß der Opus-Preisträger von 2019 (in der Nachwuchskategorie) so meisterlich zum Klingen zu bringen, dass der Ton unablässig variiert und überwiegend wie ein Blasinstrument, etwa eine Klarinette, klingt. Lyrisches wirkt ebenso überzeugend wie schnelle Passagen – manches wird so rasant vorgetragen, dass das Ohr es zuweilen kaum verfolgen kann.
Der noch nicht einmal 30-jährige Künstler musiziert ausnahmslos mit namhaften Mitstreitern und renommierten Orchestern. Für den Auftritt in Kempen hatte er seinen ständigen Klavierbegleiter, den erstklassigen Pianisten Benyamin Nuss, und das an diesem Abend von David Niemann geleitete Detmolder Kammerorchester mitgebracht. Dieses wurde vor 70 Jahren von dem berühmten Geiger Tibor Varga gegründet und besteht aus Studenten und Absolventen der Detmolder Musikhochschule.
In Reinfelds Vita ist zu lesen, dass sein Repertoire von Bach bis zum Jazz reicht. Schade, dass das Programm des Abends nur Zeitgenössisches enthielt – ein Rückgriff beispielsweise auf die Barockzeit wäre sicher interessant gewesen. Eine verpasste Chance.
Zunächst präsentierte das Duo Reinfeld-Nuss Andrzej Korzynskis (1940-2022) „Der Mann aus Eisen“, ein abwechslungsreiches Tongemälde, das für einen Film geschaffen wurde. Filmmusik gehört ohnehin zu den Schwerpunkten in den Programmen des Duos. „Merry Christmas, Mr. Lawrence“ war der zweite Duo-Vortrag benannt – warum Komponist Ryuichi Sakamoto(1952-2023) diesen Titel wählte, blieb im Dunkeln.
Im Jahre 2022 entstanden drei Sinfonische Doppelkonzerte für Mundharmonika, Klavier und Orchester – geschrieben von Alan Broadbent, Wolf Kerschek und Benyamin Nuss. Die beiden letztgenannten Werke erklangen in Kempen, und zu den beiden Solisten gesellte sich das bestens vorbereitete und auch mit experimentellen Musizierformen vertraute Detmolder Kammerorchester.
Engagiert geleitet von dem jungen deutschen Dirigenten David Niemann, verbanden sich die teils blutjungen Musikerinnen und Musiker tadellos mit den beiden Solisten und ihren meist halsbrecherischen Parts. Besonders eingängig und gut nachvollziehbar ist die Tonsprache von Benyamin Nuss, was das Publikum mit entsprechend ausdauerndem Beifall honorierte. Doch Jubel und Bravorufe erntete das vorbildlich harmonierende Duo mit Chick Coreas (1941-2023) „500 Miles High“, das sie auch als Jazz-Spezialisten auswies.