Kempen: Propsteikirche in Steinmetzhand
Das Gotteshaus im Herzen der Altstadt ist zurzeit geschlossen. Im Zuge der Bauarbeiten wird der Altarraum neu gestaltet. Weihe ist am 21.November
Kempen. Die Luft ist staubgeschwängert, die Bodenplatten sind mit Holzdielen abgedeckt, unter dem Gewölbe steht ein mit weißer Plane abgedeckter Bierzelt-Pavillon. Darin rattert eine Flex.
Geselle Christian Mörkens rollt vorsichtig vom Seiteneingang eine Schubkarre mit frischem Mörtel über die Abdeckfolie. Derweil sein Meister Bernd Etzel den Granit mit fester Hand zuschneidet und mit dem Hammer ein paar Sandsteine zurechtklopft.
Dies sind Szenen aus der Propsteikirche mitten in der Altstadt. Das altehrwürdige Gotteshaus ist zurzeit geschlossen. Nicht das Wort Gottes, sondern das große Handwerks-ABC wird zurzeit verkündet.
Der Altarraum erhält auf einer Fläche von 50Quadratmetern ein neues Fundament und einen Steinboden aus belgischem Granit. Außerdem sind bereits ein neuer Altar sowie ein Ambo (Lesepult) aufgestellt, beides aus schwedischem Granit.
"Diese Renovierung ist das i-Tüpfelchen einer Sanierung der über 800 Jahre alten Kirche, die Anfang der 90er-Jahre vorerst abgeschlossen war", erläutert Propst Thomas Eicker (45), der sich in diesem spannenden Prozess fast täglich vom Fortschritt der Arbeiten überzeugt.
Meistens ist es freilich nicht getan mit einem geneigten Blick. Jetzt, in der heißen Phase der Arbeiten, müssen Steinmetze, Künstler, Architekt Gregor Dewey und Verantwortliche wie Eicker und Hans Angenheister, das Bauausschuss-Mitglied im Kirchenvorstand, häufig die Köpfe zusammenstecken und im schwierigen Prozess nach durchführbaren Lösungen suchen.
"Noch am Donnerstag hatten wir solch einen Fall. Nach drei Stunden fruchtbaren Erörterung waren wir am Ziel", sagt Bildhauer Manfred Messing(44), der den künstlerischen Part für Altar und Ambo übernommen hat. Propst Eicker: "Diese gewaltige Kirche ist ja nicht unbedingt symmetrisch gebaut. Da ergeben sich schnell Unwägbarkeiten, die im praktischen Zugang überwunden werden müssen."
Und von Tag zu Tag leuchten die Augen des Propstes mehr beim Blick in "seine" Kirche, wo das Herzstück momentan eher einer Steinmetz-Werkstatt ähnlich ist. Der Altar in Würfelform hat bereits auf einem soliden Fundament seinen Platz gefunden, die Bodenplatten lassen schon Konturen erkennen, der Ambo ist noch provisorisch vor die erste Eichenholzbank im Gottesdienst-Gestühl gerückt.
"Allein den insgesamt 3,5Tonnen schweren Altar mit Stapler und Hubwagen passgenau am Weihwasserbecken vorbei auf seinen Platz zu stellen, das war schon ein brenzliges Manöver", erinnert sich Messing noch lebhaft an den Freitag der vergangenen Woche.
Schon jetzt ist abzusehen, dass der um vier Meter vorgerückte Altar als krönendes Element und Herzstück der Pfarrgemeinde künftig mehr in den Fokus gerückt ist. In der Blickachse exakt unter dem Vierungs-Gewölbe und im Schnittpunkt der drei Bild-Altäre haben sowohl der zelebrierende Pfarrer als auch die Gottesdienst-Besucher einen optischen Mittelpunkt, an dem das Abendmahl gefeiert wird. Der Ambo, der sich in Form und Material eng an den Altar anlehnt, bildet die kongeniale Ergänzung als Ort, wo das Wort Gottes verkündet wird.
Überzeugend findet Eicker die künstlerische Umsetzung von Messing deshalb, weil Altar und Ambo einerseits mit Kraft auf den göttlichen Kern in diesem herausragenden Kempener Sakralbau verweisen, sich aber dennoch zurücknehmen und alles andere als protzig oder aufdringlich wirken. "Der Spagat, in diesen historisch gewachsenen Kontext behutsam etwas Neues, Modernes zu integrieren, ist meiner Meinung nach gelungen", sagt Eicker.
Das haben ihm, Messing und Architekt Dewey die Pfarrgemeinde im Sommer 2008 bei einer Präsentation des neuen Altarraums bestätigt. Kempen darf sich auf den neuen Altarraum freuen!