Stadtplanung Kempen sucht Impulse für draußen
Kempen/St. Hubert · Spielplätze, Ortskerne, Sportflächen, Parks, Friedhöfe – aus alldem will die Stadt mehr machen. Helfen sollen Streifzüge mit Kindern, Jugendlichen und Senioren.
Der zehnjährige Johannes und sein Kumpel Benjamin (9) lieben es, auf dem „Holzspielplatz“ am Velbuschpfad in St. Hubert zu spielen. Aber: Dort ist auch einiges im Argen. „Das Holz ist teilweise morsch“, sagt Johannes. Und über ein neues Klettergerüst würden sich die Jungs auch freuen. „Uns fällt auch immer wieder auf, dass auf dem und neben dem Spielplatz so viel Müll liegt“, ergänzt Benjamin. Wobei Müll für die Kinder nicht gleich Müll ist. „Das ganze Plastik soll weg, aber der Autoreifen und die Tannenbäume sollen liegen bleiben“, sagt der Neunjährige. Das Material sei nämlich prima zum Spielen.
Auf diese Erfahrungsberichte setzen die Verantwortlichen der Stadt Kempen und das Planungsbüro „Stadtkinder“ aus Dortmund bei ihren Streifzügen im Rahmen der Konzeption „Spiel, Bewegung und Aufenthalt“. „Ganz am Anfang hatten wir eigentlich vor, die Spielplätze im Stadtgebiet zu überprüfen und Verbesserungen anzustoßen“, sagt Grünflächenamtsleiterin Patricia Schürmann. „Wir haben aber schnell festgestellt, dass das Projekt größer werden muss.“ Nun geht es eben nicht nur um Spiel- oder Bolzplätze, sondern um nicht weniger als den Kempener Freiraum. „Damit gemeint ist eigentlich alles außerhalb der Gebäude“, erklärt Schürmann.
Die Stadt Kempen will wissen, wie Kinder, Jugendliche und Senioren den Freiraum nutzen – und was sie benötigen. Dabei geht es um die Stadt- und Dorfkerne, um Sportplätze, Parkanlagen „und auch Friedhöfe“, ergänzt Fachplanerin Petra Schlaghecken. So sei der Weg entlang des St. Huberter Friedhofs ein klassischer Schulweg. „Und auf Wegen wird auch gespielt“, so Schlaghecken. In St. Hubert waren Mitarbeiterinnen des Planungsbüros am Dienstag mit zwei Gruppen aus der vierten Klasse der Gemeinschaftsgrundschule unterwegs. „Meine Erfahrung ist, dass die Kinder viel im Blick haben und eine Menge reflektieren“, sagt Pascale Schulte vom Planungsbüro. So macht die zehnjährige Emma deutlich, dass sie sich am Graffiti-Geschmiere auf den Spielplätzen stört. „Wenn das Jugendliche gewesen sind, brauchen die vielleicht auch eine Fläche für sich“, meint Emma.
Und genau darum geht es: Die Stadt will die Bedürfnisse der Zielgruppen Kinder, Jugendliche und Senioren erfahren. Und anhand eines Konzeptes, das das beauftragte Büro bis Ende des Jahres vorlegen wird, konkrete Maßnahmen entwickeln. „Gewisse Dinge können und wollen wir auch sofort umsetzen“, so Patricia Schürmann. „Wenn die Kinder uns sagen, dass hier oder dort Müll liegt, muss der entsorgt werden.“ Für langfristige Ideen und Projekte brauche es aber einen Rahmen, den „Stadtkinder“ entwickeln soll. „Ich denke vor allem an die Tartan-Sportfläche am Sportzentrum Berliner Allee in Kempen“, sagt die Amtsleiterin. Da seien sich alle einig, dass dort angepackt werden muss. Das Wie sei aber offen. „Auch im Kontext des Kempener Westens muss die Wie-Frage beantwortet werden.“
In Kempen haben die Streifzüge mit den Zielgruppen bereits stattgefunden. In St. Hubert gab es den Startschuss am Mittwoch und der Stadtteil Tönisberg ist danach an der Reihe. Bereits vor diesen Streifzügen hatte sich das Planungsbüro im Sommer ein eigenes Bild von Kempen gemacht. „Unsere Erfahrungen und die von Kindern, Jugendlichen und Senioren fließen ins Konzept ein“, erklärt Romina Rosenkranz de Oliveira vom Dortmunder Büro. Zudem wird es noch Stadtteilforen geben, zu denen alle Bürger eingeladen werden sollen.
Bei den Senioren ging es unter anderem um Fußgängerampeln
Bei den Senioren-Rundgängen in Kempen seien „völlig andere Aspekte angesprochen worden“ als bei den Kinder-Terminen, so Rosenkranz de Oliveira. Dabei sei es um Bänke in Parks gegangen, aber auch um zu kurze Grünphasen der Fußgängerampeln in der Innenstadt.
Die wichtigste Frage im Pressegespräch kam dann nicht von den Journalisten, sondern von der neunjährigen Marie: „Wann wird das denn in Erfüllung gehen, was wir vorgeschlagen haben?“ Daraufhin betonten die städtischen Mitarbeiterinnen, „dass wir letztlich was vorweisen wollen“. Sicher könne man nicht den gesamten Konzeptkatalog umsetzen. „Aber wir wollen hier auf keinen Fall für die Schublade arbeiten“, so Schlaghecken. Dafür habe das Projekt auch schon jetzt zu viel Euphorie innerhalb der Verwaltung entfacht. Nach Vorlage des Konzeptes durch „Stadtkinder“ solle auf jeden Fall sofort ein Starter-Projekt zur Umsetzung beschlossen werden.
Beteiligt sind sieben Fachämter. Neben dem Bereich Grünflächen zum Beispiel das Tiefbauamt und das Jugendamt. „Unsere Mitarbeiter empfinden das Projekt als hochspannend. Ich finde wichtig, dass wir Impulse bekommen und ohne Scheuklappen denken“, sagte Jugenddezernent Michael Klee in Richtung der Projektplanerinnen aus Dortmund.
Ohne die Hilfe von „Stadtkinder“ könne die Stadtverwaltung ein entsprechendes Vorhaben nicht stemmen, machte Schürmann auf Nachfrage deutlich. Dazu gebe es nicht die personellen Ressourcen. „Am wichtigsten ist aber, dass wir einen Blick von außen bekommen“, so die Amtsleiterin. Zudem habe das Büro eine Steuerungsfunktion. Schließlich gelte es auch die Interessen von sieben Fachämtern zu lenken. Schürmann: „Das schafft kein Interner.“
Die Frage nach Höhe des Steuergeldes, das für das Projekt ausgegeben wird, ließ die Verwaltung beim Pressetermin unbeantwortet. Die Summe sei Bestandteil des Vertrages mit dem Planungsbüro und daher nicht-öffentlich.