Klare Botschaft Viel Applaus für Weihnachtsoratorium 2.0 in Christ-König
Kempen · Ein Chorkonzert unter der Gesamtleitung von Kantor Christian Gössel brachte Auszüge aus Johann Sebastian Bachs berühmtem Werk in Kombination mit einer szenischen Lesung.
(tg) Wer kennt ihn nicht, den Auftakt des Eingangschores „Jauchzet, frohlocket!“ aus der ersten der sechs Kantaten, die Bachs Weihnachtsoratorium bilden? Der Komponist steigt hier buchstäblich und im übertragenen Sinne mit einem Paukenschlag ein, indem er ausgerechnet einem Schlaginstrument die Einführung des Motivs überlässt.
Wenn man so will, setzte das Konzert, das am späten Samstagnachmittag in Christ-König stattfand, noch einen Überraschungseffekt obendrauf. Kaum waren nämlich die ersten Töne erklungen, als das Stück schon wieder unterbrochen wurde und in der Person des Schauspielers Boris Valentin Jacoby erstmalig ein Sprecher das Wort ergriff, um die Zuhörer im bis auf den letzten Platz gefüllten Gotteshaus an den Grund für den musikalischen Jubel zu erinnern: „Gott schreibt Geschichte auf Menschenwegen. Er stellt alles auf den Kopf – bis heute.“
Vier Solisten standen für die
Arien und Rezitative bereit
Dermaßen sensibilisiert für die Bedeutung jenes „Jauchzet! Frohlocket!“, durfte nun das Stück von Neuem beginnen und das beeindruckende Aufgebot von Musikern und Sängern unter der Leitung von Christian Gössel, Kirchenmusiker an St. Mariae Geburt, zur Geltung kommen: der Kammerchor Nota Bene, das Rheinische Oratorienorchester sowie – last, but not least – der Unterstufenchor des Luise-von-Duesberg-Gymnasiums, der einschlägige Chorpassagen im Sopran begleitete. Für die Arien und Rezitative standen als Solisten Isabelle Heiss (Sopran), Tobias Hechler (Altus), Leonhard Reso (Tenor) und Peter Rembold (Bass) zur Verfügung.
Weihnachtsoratorium für ein heutiges Publikum erschlossen
Die Ambition des als „szenische Musikerzählung“ beschriebenen Unterfangens war es, das Weihnachtsoratorium einem heutigen Publikum neu zu erschließen. Daher trat das aus der Feder von Bastian Rütten, Personalreferent an St. Marien in Kevelaer, stammende Libretto theologisch fundiert und mit einigem Sprachwitz immer wieder in einen erklärenden Dialog mit den Texten der Bachschen Kantaten.
So hieß es etwa in Einführung zur Arie „Großer Herr und starker König“: „Gott ist auf die Erde gekommen – ganz schön runtergekommen. Und doch königlich.“ An anderer Stelle befand Jacoby über den Himmelskörper, dem die Drei Weisen nach Bethlehem folgten: „Dieser Stern war kein Modesternchen.“ Dank eines Headsets war es dem Sprecher beim Vortragen möglich, sich frei im Kirchenraum zu bewegen und seine Ansprache eindringlich und zupackend zu gestalten.
Auf musikalischer Ebene musste naturgemäß eine Auswahl aus dem in Gänze zu umfangreichen Weihnachtsoratorium getroffen werden, die teilweise noch dadurch abgekürzt wurde, dass einige Da-capo-Stellen wegfielen. Dafür wurden Stücke aus allen sechs Kantaten berücksichtigt. Während die Chöre auch schwierigste Aufgaben wie das „Ehre sei dir Gott“ aus dem fünften Teil gut bewältigten, überzeugten unter den professionellen Musikern in besonderer Weise die Trompeter sowie die Sopranistin, etwa in der virtuos und leichtfüßig vorgetragenen Arie „Nur ein Wink von seinen Händen“.
Der Schluss des mit großem Applaus bedachten Konzerts war ähnlich ungewöhnlich wie der Beginn und beinhaltete eine klare Botschaft. Nach dem letzten Choral „Nun seid ihr wohl gerochen“ meldete sich der Sprecher nochmals zu Wort: Dies sei nicht das Ende, sondern der Anfang – ein Aufruf an alle, in Jesu Nachfolge zu treten. Die abschließende Arie „Ich folge dir gleichfalls mit freudigen Schritten“ aus Bachs Johannespassion unterstrich diesen Appell.