Zweithaarstudio Friseurstudio bietet Zweithaar für Krebspatientinnen an

Kempen. · Die Kosten für eine Perücke trägt in der Regel die Krankenkasse mit.

Friseurmeister Torsten Lüppertz mit einer Perücke, die er speziell für krebskranke Frauen anfertigen lässt.

Foto: Wolfgang Kaiser

Die Profession eines Friseurs ist das gute Erscheinungsbild seiner Kunden. Der Kempener Friseur Torsten Lüppertz hilft in einer Situation, in der gutes, natürliches Aussehen vielleicht so wichtig ist wie sonst nie. In seinem Salon an der Rabenstraße berät er Menschen, die infolge einer Chemo- oder Strahlentherapie eine Perücke benötigen. Denn die Belastung durch eine Krebsbehandlung ist an sich schon enorm. Eine gute Perücke hilft vielen Menschen, sich zumindest in der Öffentlichkeit so unauffällig und normal wie zuvor zu bewegen.

„Die meisten kommen vor der Therapie“, erzählt der 51 Jahre alte Friseurmeister, der seit fast 30 Jahren in Kempen ansässig ist. Diese Kundinnen werden dann in einem separaten Raum im hinteren Bereich seines Salons beraten. Denn meist sind es Frauen, die ihn aufsuchen. Der Anteil der Männer ist verschwindend gering. Ausgangspunkt der Beratung ist die bestehende Frisur, der man sich möglichst annähern will. „Wer die Haare infolge der Therapie bereits verloren hat, bringt ein Foto mit“, erläutert Torsten Lüppertz. Im Beratungsraum befinden sich auf einem Regal viele Musterperücken auf weißen Styroporköpfen. Meist sind es kürzere oder schulterlange Varianten in verschiedenen Haarfarben.

Der Stirnansatz ist bei einer
Perücke eine heikle Region

Bei sehr langem Haar rät der Friseur zu einer mittellangen Variante. „Damit der Übergang bei nachwachsendem Haar nicht so extrem ist“, sagt der Fachmann. Die Perücke ist oft fransig in die Stirn hinein geschnitten. Denn der Stirnansatz ist eine heikle Region, etwa wenn ein Windstoß die Haare aus dem Gesicht weht. Torsten Lüppertz dreht eine Perücke auf links und verweist auf das Trägermaterial, das vorn an der Stirn durchsichtig gearbeitet ist, um einen auffälligen Ansatz zu verhindern. Er setzt sich die Perücke auf, streicht die Haare zurück, um die Wirkung zu demonstrieren.

Bei der Auswahl der Perücken arbeitet er mit einem der führenden deutschen Hersteller in Frankfurt zusammen. Er öffnet einen dicken Ordner, zeigt Hunderte von Modellen, zudem einen Farbring mit diversen Haarfarben. Die Auswahl ist riesig. „Der optische Unterschied zwischen einer Echthaar- und Kunsthaarperücke ist mittlerweile so gering, dass ich den Kunden zu einer Kunsthaarperücke rate“, sagt Lüppertz. Denn auch die hat ihren Preis – durchschnittlich 550 Euro. „Als besonders qualifiziertes Unternehmen sind wir berechtigt, mit den Krankenkassen abzurechnen“, betont der Friseurmeister. Je nach Krankenkasse übernimmt diese zwischen 300 und 400 Euro der Kosten, so dass der Eigenanteil überschaubar bleibt. „Wir bestellen dann für die Kundin fünf bis sieben Perücken zur Auswahl, die in 48 Stunden hier sind. „Die Kundinnen können sich darauf verlassen, dass ich ihnen nur eine Perücke verkaufe, die wirklich gut sitzt“, sagt Torsten Lüppertz. „So dass ich abends mit ihnen essen gehen würde“, fügt er schmunzelnd hinzu.

Es sei tatsächlich schon geschehen, dass eine Kundin mit Perücke bei der Chemo von anderen Erkrankten gefragt worden sei, ob sie nicht ihr Haar verloren habe. „Das ist für mich natürlich das größte Lob“, sagt Lüppertz.

Professionalität ist die eine Seite dieser Arbeit, der menschliche Aspekt die andere. „Hier ist schon ein bestimmtes Feingefühl erforderlich“, sagt er. „Es gibt Kundinnen, mit denen lache ich, bei anderen laufen die Tränen.“ Manche Fälle nehmen auch ihn so sehr mit, dass er sie noch eine Zeitlang mit sich trägt.

Info: Coiffeurteam Lüppertz, Rabenstraße 1, 47906 Kempen, Telefon: 02152/1085