Kita-Beiträge: Eltern und Stadt streiten vor Gericht

Es gibt fünf Klagen gegen die Kempener Satzung. Streitpunkt ist die sogenannte Doppelbefreiung.

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Kempen. Die Auslegung des Kinderbildungsgesetzes (Kibiz) in Kempen hat möglicherweise juristische Folgen. Wie Dezernent Michael Klee der WZ bestätigte, klagen derzeit fünf Kempener Eltern gegen die Satzung der Stadt zur Erhebung der Kita-Beiträge. Streitpunkt ist die Beitragserhebung für sogenannte Geschwisterkinder.

Derzeit ist es in Kempen so, dass zum Beispiel eine Familie mit zwei Kindern, deren ältestes Kind im letzten Kita-Jahr ist, beitragsfrei ist. Das Landesgesetz schreibt vor, dass im letzten Kindergartenjahr kein Beitrag mehr gezahlt werden muss. Den Ausfall bekommen die Kommunen vom Land erstattet. Die Familie muss also nur für das jüngere Kind einen Beitrag entrichten.

„Früher war das noch anders, weil wir in Kempen zusätzlich von Seiten der Stadt eine Befreiung der Geschwisterkinder in der Satzung festgeschrieben hatten“, ergänzt Klee. Das führte mit Blick auf die Landesregelung zum letzten Kita-Jahr zur sogenannten „Doppelbefreiung“. Einige Eltern mussten also gar keinen Beitrag leisten. 2013 wurde diese Regelung einstimmig vom Stadtrat abgeschafft.

Ein Passus im Kinderbildungsgesetz des Landes könnte aber nun dazu führen, dass diese Doppelbefreiung zurückkehrt. Darauf hoffen zumindest etwa 40 Eltern, die derzeit dafür in Kempen infrage kommen. Der Passus des Paragrafen 23 im Wortlaut: „Bei Geschwisterregelungen sind Kinder, deren Tagesbetreuung nach Absatz 3 (letztes Kita-Jahr, Anm. d. Red.) elternbeitragsfrei ist, so zu berücksichtigen, als ob für sie ein Elternbeitrag zu leisten wäre.“

„Das interpretieren wir so, dass das jüngere Kind beitragsfrei sein muss“, sagt eine Vertreterin der Elternschaft, die seit einigen Wochen in Gesprächen mit der Verwaltung ist. „Weil die Stadt ja für das beitragsfreie letzte Kita-Jahr eine Erstattung vom Land bekommt.“ Diese Einsparung könne die Stadt an die Eltern weitergeben — über das zusätzlich beitragsfreie Geschwisterkind. Juristische Beistände der Eltern sähen das genauso.

Dezernent Michael Klee sieht das anders. Er beharrt auf der Satzung der Stadt: „Der Beitrag für ein Kind wird auch dann erhoben, falls für weitere Kinder eine Beitragsfreiheit nach Absatz 3 (Kibiz) vorzunehmen ist.“ Laut Klee ist diese Satzung „sauber und transparent“.

Die Vorgabe der Landesregierung im Paragrafen 23 findet er hingegen „schwammig, nicht eindeutig“. Deshalb habe er das zuständige Ministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport (MFKJKS) zu einer rechtlichen Stellungnahme aufgefordert — per E-Mail am 18. September. Diese Mail liegt der Redaktion vor und wird auch in den zuständigen Jugendhilfeausschuss am 20. November eingebracht.

„Bislang haben wir keine Antwort bekommen“, sagt Michael Klee. Zudem habe es bereits ausführliche Hinweise seitens des Städtetages ans Ministerium in Düsseldorf gegeben. „Die Verantwortlichen in den Kommunen haben schon frühzeitig gesagt, dass die Regelung des Landes nicht eindeutig ist“, sagt Klee. Dass es auch darauf bislang keine Reaktion des Ministeriums gegeben habe, bezeichnet der Kempener Dezernent als „unseriös“.

„Wir befinden uns in einem laufenden Verfahren“, heißt es dazu auf WZ-Anfrage aus der Pressestelle des Ministeriums. „Deshalb geben wir dazu keine Stellungnahme ab.“

Im Jugendhilfeausschuss möchte Klee die Thematik ausführlich diskutieren. „Wir werden aber bei unserer Satzung bleiben“, sagt der Beigeordnete. Es sei denn, dass Verwaltungsgericht oder Ministerium eine andere Meinung haben.

„Sollte eine gerichtliche Anordnung oder eine klare Ansage aus dem Ministerium kommen, werden wir selbstverständlich reagieren“, sagt Klee. Dann würden die Eltern das Geld, zu dessen Zahlung sie nun aufgefordert wurden (siehe Kasten), erstattet bekommen.

Die Stadt möchte aber nicht auf diesen Kosten (zirka 170 000 Euro) sitzenbleiben. Klee bringt in diesem Zusammenhang das Konnexitätsprinzip ins Spiel: „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“ Heißt im konkreten Fall: Das Land habe das Gesetz gemacht. Sollte es darauf beharren, müsse es auch die Kosten tragen.