Kreis Viersen gibt die Preise vor Taxi-Unternehmer fordern mehr Geld
Kreis Viersen · Der Kreis Viersen gibt die Preise vor, die Taxi-Unternehmen von ihren Kunden verlangen dürfen. Doch die Preise wurden seit Jahren nicht angepasst. Gestiegene Kosten werden jetzt zum massiven Problem.
Für die Taxiunternehmer in der Region sind die aktuellen Preissteigerungen bei Personal, Benzin oder Ersatzteilen – um nur einige zu nennen – stark existenzbedrohend. Darum hoffen die Inhaber der Unternehmen nun auf eine Anhebung der vom Kreis Viersen festgelegten Tarife. Diese werden von der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein und einigen anderen Gruppierungen vorgeschlagen und dann vom Kreistag beschlossen. Anschließend werden alle Taxameter neu programmiert und geeicht, bevor die neuen Tarife gelten.
„Für uns ist die geplante Preisanpassung essenziell. Aktuell zahlen wir im Prinzip drauf. Die für 1. Oktober beschlossene Anhebung des Mindestlohns wird das Problem noch verschärfen. Mit den aktuellen Tarifen können wir spätestens dann nicht mehr kostendeckend arbeiten“, sagt Carsten Höner, Inhaber von Höner Taxi und für die CDU im Stadtrat von Kempen. Er sieht das herkömmliche Taxigeschäft ohnehin als bedroht an. „Als ich mich vor 25 Jahren selbstständig gemacht habe, da habe ich das Gros meines Umsatzes nachts gemacht. Damals gab es im Bereich Kempen und St. Hubert noch 25 bis 30 Kneipen mehr als heute. Spätestens seit Corona ist das Taxi-Geschäft in der Nacht tot. Und wir finden auch gar keine Fahrer mehr. Die haben sich alle umorientiert. Auch einen Fahrer zwei Stunden am Bahnhof stehen zu lassen, geht nicht mehr. Ich zahle allein an Lohn mit Nebenkosten gut 16 Euro die Stunde. Wenn dann eine Fahrt für zehn Euro rausspringt, zahle ich drauf“, erklärt er.
Auch andere Unternehmer stimmen zu. So zum Beispiel Lucie Geister, die Frau des Inhabers von Taxi Heise in Kempen, Hans Jürgen Heise. „Das Problem ist, dass wirklich alle Kosten steigen. Der Sprit ist da noch das geringste Problem. Dramatisch sind die Lohnkosten. Den Mindestlohn zu erhöhen, ist ja nett. Nur muss das Geld auch irgendwie erwirtschaftet werden, und die Kunden müssen am Ende bereit sein, das zu zahlen. Zumal wir in der Preisgestaltung eben an die vorgaben des Kreies gebunden sind“, erklärt sie. Ob die Lage existenzbedrohend sei? Geister überlegt keine Sekunde. „Unsere Existenz ist seit zwei Jahren bedroht. Seit Corona ist das Nachtgeschäft endgültig tot. Die Fahrer sind weg – ich habe keine Ahnung, wo, denn auch andere Bereiche wie Gastronomie oder Veranstaltungsbranche suchen ja händeringend Personal. Die Lage ist wirklich kritisch“, sagt sie.
Ähnlich sieht es auch Michael Kreuels, Inhaber von Taxi Streng in Willich. Mit seinen acht Autos und elf Angstellten führt er, ebenso wie Taxi Heise (acht Autos), ein eher kleines Unternehmen. Zum Vergleich: Höner aus Kempen trägt Verantwortung für 46 Angestellte, die 31 Fahrzeuge bewegen. Auch Kreuels klagt vor allem über das fehlende Nachtgeschäft. „Hier in Willich hatten wir vor einigen Jahren noch 22 Kneipen. Jetzt sind zwei geblieben. Auch, weil viel Industrie abgewandert ist. Die Angestellten sind früher nach Schicht in die Kneipe und mit dem Taxi heim gefahren. Das Geschäft ist unwiederbringlich weg. Die Kosten steigen auf der anderen Seite immer weiter. Wir können nur mit steigenden Einnahmen auffangen, was verloren gegangen ist“, sagt er. Außerdem sei eine vorherige Erhöhungsrunde Anfang 2021 vom Kreistag schlicht nicht behandelt worden. „Um so wichtiger ist die jetzige. Mir wurde zugesagt, dass es nach den Ferien eine Sondersitzung gibt, in der das Thema besprochen wird“, sagt er weiter.
Zahlen liefert der Geschäftsführer der Fachvereinigung Personenverkehr Nordrhein, Michael Stehr. „Tatsächlich werden wir nicht wirklich informiert über die Abläufe im Kreistag. Aber wir sammeln zumindest den Input der Unternehmer. Generell ist in Viersen meines Wissens noch keine Vorlage erstellt. Ich denke aber, die ähnlich aufgestellten Kreise Kleve oder Wesel sollten hier Vorbildcharakter haben. Darum erwarte ich eine Anhebung von aktuell 2,10 Euro unter der Woche und 2,30 Euro an Wochenenden und Feiertagen pro Kilometer auf etwa 2,80 beziehungsweise drei Euro. Der Grundpreis sollte von 3,70 Euro auf fünf Euro steigen“, sagt er. Immerhin seien Kreise auch schwieriger als Großstädte. „Wir haben oft lange Anfahrten. Die müssen auch irgendwie wieder rein kommen“, erläutert er.
Taxi-Fahren dürfte also noch im Herbst um gut ein Viertel teurer werden. „Aber um das mal in Relation zu setzen: Die aktuellen Tarife kommen aus einer Zeit, in der der Mindestlohn 9,19 Euro betrug und Diesel zwischen 1,10 und 1,30 Euro kostete. Heute reden wir von zwölf Euro Mindestlohn und über zwei Euro für Diesel. Das Geld muss irgendwie eingespielt werden“, sagt Stehr.