Noch sind viele Plätze frei Weit mehr Ausbildungsstellen als Bewerber
Kreis Viersen · Jugendliche, die jetzt noch keinen Ausbildungsplatz haben, und Betriebe, die noch keinen Azubi gefunden haben, sollten dranbleiben: Die Chancen sind gut, in den kommenden Monaten zusammenzufinden.
Für junge Leute stehen die Chancen gut, in den kommenden Wochen und Monaten noch einen Ausbildungsplatz zu finden, der zu ihnen passt. Das machten Vertreter von Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein, den Kreishandwerkerschaften Niederrhein und Mönchengladbach sowie der Agenturen für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen und Mönchengladbach am Dienstag bei ihrer Halbjahresbilanz zum Ausbildungsmarkt deutlich. Bei der Firma Hülsenbusch Apparatebau in Kempen stellten sie die aktuellen Zahlen vor.
Danach gibt es weiterhin deutlich mehr Ausbildungsplätze als Bewerber. Bis März wurden für den Agenturbezirk Krefeld/Kreis Viersen 2964 Ausbildungsstellen gemeldet (Vorjahr: 2680), 2288 Jugendliche suchten eine Ausbildungsstelle (Vorjahr: 2103). Heißt: Junge Leute können sich den Betrieb, in dem sie eine Ausbildung machen wollen, praktisch aussuchen, wie Stefan Bresser, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Mönchengladbach, erklärte: „Wir haben einen reinen Bewerbermarkt.“
Etliche Bewerbungen schreiben müssen die Jugendlichen nicht, um einen Ausbildungsplatz zu bekommen: Die allermeisten schrieben drei oder weniger, so Bresser. Manche schrieben auch gar keine, gingen einfach hin zu einer Firma, stellten sich vor – und würden genommen. Die Unternehmen reagieren auf den Wandel hin zum Bewerbermarkt, heben ihre Vorzüge hervor, bieten Benefits wie Tablets oder Firmenfahrzeuge auch zur Privatnutzung für den Nachwuchs an.
Im Trend sind Ausbildungsberufe, die durch Schwerpunkte in den Bereichen Nachhaltigkeit und Klimaschutz viel Arbeit und damit ein sicheres Auskommen versprechen. So ist beispielsweise der Anlagenmechaniker für Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik beliebt, ebenso der Elektrotechniker. Kaufmann oder -frau für Büromanagement liege für die Jugend immer noch ganz oben, berichtete Jürgen Steinmetz, Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein, der an Jugendliche appellierte, sich auch über andere Sparten zu informieren. Für die Ausbildung als Bestattungskraft etwa sei bislang nur ein Ausbildungsvertrag unterschrieben worden, ebenso wie für die Ausbildung als Fahrradmonteur – doch beides seien Berufe mit Zukunft, machte Steinmetz klar.
Sein Appell daher an den Nachwuchs: „Schaut nicht nur auf die Top Ten, sondern auch auf andere Ausbildungsberufe, die hier angeboten werden.“ Es gebe über 200 Ausbildungsberufe.
Vielfältige Angebote sollen
die Berufsfindung erleichtern
Auch Sarah Borgloh, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Krefeld/Kreis Viersen, rief junge Leute dazu auf, dranzubleiben, wenn sie bis jetzt noch keine passende Stelle gefunden hätten. Das gelte auch für Betriebe, die noch nicht den passenden Auszubildenden gefunden hätten. Ebenso rief Borgloh die Jugendlichen dazu auf, offen zu sein und Alternativen in Betracht zu ziehen, wenn es mit dem Ausbildungsplatz im ersten Wunsch-Beruf nicht klappen sollte. Die Palette sei groß, und Praktika vermittelten einen guten Einblick in die Vielfalt der Berufswelt.
Die Aufgabe, Betriebe und Auszubildende zusammenzubringen, sei so groß, dass man sie nur gemeinsam lösen könne, betonte Rainer Imkamp, Vorsitzender der Geschäftsführer der Agentur für Arbeit Mönchengladbach. Die Netzwerkpartner setzen deshalb auf ein vielfältiges Angebot der Information: Berufsberatung an Schulen und in Jugendzentren, die beliebten „Check-In-Days“, Sprechstunden und digitale Elternabende. Denn die Eltern sind nach wie vor „die wichtigsten Berufsberater ihrer Kinder“, so Imkamp. Deshalb seien die digitalen Elternabende auch so wichtig. Diese könne man nutzen, um Eltern zu informieren, welche Perspektiven sich ihren Kindern bieten – und auch, um mit Vorurteilen aufzuräumen. Schließlich sei die Berufswelt heute doch durchlässiger als in den 1980er- oder 1990er-Jahren. Imkamp: „Es ist gut, wenn Eltern nah an ihren Kindern sind. Und noch besser, wenn Eltern gut informiert sind.“
Viele Unternehmen fürchten, nicht die passenden Auszubildenden zu bekommen. Das berichtete Thomas Gütgens, Hauptgeschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Niederrhein, mit Blick auf eine Umfrage unter Betrieben. 46,5 Prozent der Handwerksunternehmen suchten noch Auszubildende für die Zeit ab Sommer. Viele schätzten es aber als eher schwierig sein, Auszubildende zu finden. Helfen können zwei Dinge, die Gütgens den Unternehmen wärmstens ans Herz legte: Praktika („es ist den Jugendlichen sehr wichtig zu sehen, was man produziert hat“) und die Nutzung von Social Media und Mund-zu-Mund-Propaganda.
Dann kann es gelingen, in den nächsten Wochen und Monaten noch zusammenzufinden, bevor das neue Ausbildungsjahr beginnt. „Wir haben noch 220 Ausbildungsplätze frei“, sagte Gütgens und verwies auf das Portal azubis-wanted.de, in dem freie Ausbildungsplätze im Handwerk in der Region Krefeld, Viersen und Neuss zu finden sind. Gütgens: „Jetzt ist die Zeit, zu machen – am besten im Handwerk.“