Kreis Viersen Landesgartenschau 2026: Grefrath soll ins Zentrum der Bewerbung
Kreis Viersen · Die von der Kreis-WFG beauftragte Studie sieht im Schwingbodenpark den geeigneten Standort für den Versuch, die „Laga“ in den Kreis Viersen zu holen. Neben der Niersgemeinde sollen aber auch die anderen Kommunen von der Großveranstaltung profitieren. Landrat und Bürgermeister betonen eine gemeinsame Linie.
Einstiege in einen Text mit dem Begriff „ausgerechnet“ sind seit Ernst Hubertys Ausruf „Ausgerechnet Schnellinger“ bei der Fußball-WM 1970 inzwischen ordentlich abgenutzt. Aber hier passt es: Ausgerechnet Grefrath, die mit knapp 15 000 Einwohnern kleinste Gemeinde des Kreises Viersen, soll die Landesgartenschau (Laga) 2026 in die Region holen. Das zumindest ist das Resultat einer sogenannten Vorstudie der ITF Freizeit und Tourismusberatung GmbH. Das Unternehmen hatte von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG) den Auftrag bekommen, den besten Standort im Kreis Viersen für eine Laga-Bewerbung herauszufiltern. Am Donnerstagnachmittag präsentierten die ITF-Vertreter das Ergebnis dem Landrat sowie den Bürgermeistern der Kommunen des Kreises Viersen. Im Anschluss gab es eine Pressekonferenz.
Förderchancen für Nato-Gelände und das marode Freibad
Die Experten sehen für den Kreis Viersen die größten Bewerbungschancen, wenn Grefrath ins Rennen geschickt wird. Und zwar genau an dem Standort, an dem 1970 die erste Landesgartenschau ausgetragen worden ist: im Schwingbodenpark. „Das Areal entspricht allen Anforderungen an eine Landesgartenschau“, so Christian Rast von ITF. Unter anderem mit Blick auf die erforderliche Größe zwischen 15 und 30 Hektar. Zudem hob er die benachbarten Freizeitangebote hervor: Eisstadion, Freilichtmuseum und das Freibad. Und gar nicht weit entfernt befindet sich das frühere Nato-Gelände – eine brachliegende Fläche, die man im Zuge einer Laga womöglich auch weiterentwickeln könnte, so Rast. Es sei durchaus möglich, dass die Grefrather Freizeiteinrichtungen von Laga-Fördermitteln profitieren. Rast, der schon viele Gartenschau-Projekte auf Bundes- und Landesebene begleitet hat, erwähnte auch, dass es im Zuge von Gartenschauplanungen schon Sanierungen von Freibädern gegeben habe. Eine Aussage, die in Grefrath einige Hoffnungen nähren wird.
In der Studie wird aber auch betont, dass Grefrath nicht der einzige Profiteur im Kreis Viersen werden soll. „Grefrath als Dirigent eines Orchesters“ steht auf einer Folie der Studie, bei der es um das Umland ging. „Unser Vorschlag eines Bewerbungstitels ist ,Grefrath im Kreis Viersen’“, so Rast. Es sollen also auch Projekte in anderen Kommunen eingebunden werden. „Besucher einer Landesgartenschau sind in der Regel Tagesausflügler, die bis zu 90 Minuten Anfahrt haben“, erklärt Rast. Diese könnten im Anschluss an einen Rundgang über das Grefrather Gelände einen weiteren Punkt im Kreis Viersen ansteuern. „Oder noch einmal wiederkommen, weil es ihnen im Kreis Viersen so gut gefallen hat“, so Rast. ITF brachte unter anderem den Grünanger der Kempener Burg, die Krickenbecker Seen und das St. Töniser Naherholungsgebiet am Wasserturm ins Spiel. „Das ist aber alles nicht in Stein gemeißelt.“
Diese Aussage gilt übrigens für die gesamte Studie. Alle Beteiligten betonten, dass anhand dieser Vorstudie nun eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben werden könnte. Ob es tatsächlich zu einer Bewerbung unter dem Titel „Grefrath im Kreis Viersen“ kommt, hänge letztlich von den Resultaten der nächsten Studie ab, ergänzte der Gutachter. Und nun im ersten Schritt von der Gemeinde Grefrath. Diese müsse entscheiden, ob eine Machbarkeitsstudie folgen soll. Finanziert würde diese von der WFG – das ist ein Beschluss aller beteiligten Kommunen. „Das ist ein Risiko, das man eingehen kann“, kommentierte Nettetals Bürgermeister Christian Wagner süffisant, während er seinen Sitznachbarn Manfred Lommetz anschaute.
Der Bürgermeister der Gemeinde Grefrath wirkte sichtlich überrascht ob des Ergebnisses. „Damit habe ich nicht gerechnet“, so Lommetz. „Und ich denke, dass das in der Grefrather Politik auch so ist.“ Von daher würden sich nun die Gremien mit der Studie befassen. „Aber natürlich freue ich mich, dass wir so eine gute Rolle spielen könnten.“ Lommetz vermied jedoch, die Niersgemeinde in den Vordergrund zu spielen. „Ich denke, dass es für den Kreis Viersen insgesamt eine gute Entscheidung ist, sich mit dem Thema zu befassen.“ Das vorgestellte Modell sei eine Möglichkeit, von der alle profitieren können. Niederkrüchtens Bürgermeister Karl-Heinz Wassong brachte in diesem Zusammenhang einen Ausbau des Radwegenetzes ins Spiel.
Kempens Bürgermeister brachte Überraschung zum Ausdruck
Die Stadt Kempen war gleich durch zwei Führungskräfte vertreten: Bürgermeister Volker Rübo und Erster Beigeordneter Hans Ferber waren nach Viersen gekommen. Womöglich ein Indiz dafür, dass Kempen sich deutlich mehr ausgerechnet hatte. „Das ist für uns alle ein überraschender Vorschlag“, kommentierte Rübo die Studie. Er meinte dies aber keineswegs negativ. „Wenn unsere Nachbargemeinde tatsächlich Standort für die Landesgartenschau wird, können wir als Stadt Kempen sicher davon profitieren.“ Die Thomasstadt war in der Analysephase mit Flächen im Kempener Westen (Wohnen), am Königshütte-See (Erholung) und an der Burg (Innenstadt) ins Rennen gegangen und galt bei einigen Insidern als Favorit im Kreis Viersen. Aus Sicht von Rübo sei aber nun mit den aufgezählten Projekten auch ein „Andocken an Grefrath“ möglich.
So wie alle anwesenden Bürgermeister betonte Thomas Goßen (Tönisvorst) die „Solidarität und den Gemeinsinn“ der Kommunen. „Wenn Grefrath und den Sternen drumherum gute Chancen eingeräumt werden, unterstützen wir das voll und ganz“, so Goßen. Und auch Landrat Andreas Coenen betonte immer wieder die Gemeinsamkeit einer möglichen Bewerbung und brachte seinen persönlichen Ehrgeiz ins Spiel: „Ich möchte die Landesgartenschau in den Kreis Viersen holen.“
Bewerbungsschluss ist
der 1. November 2026
Wie geht’s jetzt weiter? Die Gemeinde Grefrath muss nun ihre Zustimmung zur Machbarkeitsstudie geben. Dann wird sich die Firma ITF dahingehend auf den Weg machen und alle Kommunen einbinden. Auch für die Stadt Willich, die bislang als einzige kein Interesse bekundet hat, sei die Tür offen. Aus der nächsten Studie heraus muss dann entschieden werden, ob eine Bewerbung erfolgt. Diese muss bis zum 1. November 2021 eingereicht werden. Mit einer Entscheidung durch eine Jury des Landes ist 2022 zu rechnen. Wie viele Bewerber es gibt, ist offen. Laut ITF gibt es mal drei oder vier, manchmal aber auch nur einen.
Bei den Fragen nach der Summe zur Finanzierung eines solchen Projektes konnte der Gutachter keine genauen Angaben machen. Das unterscheide sich von einem Austragungsort zum anderen. In Zülpich (2014) seien zwischen 15 und 20 Millionen Euro investiert worden. Dafür winken den Austragungsorten aber immense Landesförderungen für Durchführung und Infrastruktur. Pauschal gebe es fünf Millionen Euro für den Veranstalter der Laga. Hinzu kämen prozentuale Beteiligungen an einzelnen Projekten. Am Beispiel Kreis Viersen: Sowohl nach Grefrath als auch in die anderen Kommunen könnten Landesmittel fließen.