Streit um Werbekampagne Landrat Coenen zur Werbebeilage: „Größerer Abstand zur Wahl wäre besser gewesen“

Kreis Viersen · Andreas Coenen (CDU) reagiert auf die Kritik der SPD an Anzeigen des Kreises Viersen.

Landrat Andreas Coenen (CDU) will am kommenden Sonntag wiedergewählt werden.

Foto: Marc Schütz

Nach der vierseitigen Anzeige in der Sonntagsausgabe des „Extra-Tipp“ und der anschließenden Kritik der SPD an Landrat Andreas Coenen (CDU) wird das Thema in der politischen Landschaft eifrig diskutiert. Coenen selbst reagierte in einer Stellungnahme, die die Pressestelle der Kreisverwaltung am Dienstagnachmittag verschickt hat. „Ich bedaure, dass die Beilage des Kreises von manchen als Teil meines Wahlkampfes interpretiert wird“, so Coenen. „Rückblickend wäre ein größerer zeitlicher Abstand zum Wahltag sicher besser gewesen, um ein solches Missverständnis auszuschließen.“

Tatsächlich gehöre die Beilage im „Extra-Tipp“ zur regelmäßigen Öffentlichkeitsarbeit des Kreises, heißt es in der Pressemitteilung. Zweck sei es, Bürgerinnen und Bürger über die Arbeit der Verwaltung zu informieren. Andere Kommunen wie Krefeld, Mönchengladbach oder die Stadt Viersen publizierten regelmäßig ähnliche Beilagen und hätten diese Praxis wie der Kreis Viersen auch vor den Wahlen fortgesetzt.

In der Beilage werde keine Werbung für eine Partei gemacht

„Natürlich gilt für den Amtsinhaber die Neutralitätspflicht. Das bedeutet, dass ich mein Amt als Landrat und staatliche Mittel nicht dazu benutze, um Werbung für die Partei zu machen, für die ich antrete“, wird Coenen zitiert. „Davon kann für die Sonderseiten im ,Extra-Tipp‘ auch keine Rede sein. Sie sind völlig frei von Wahlwerbung und stellen ausschließlich die Arbeit der Kreisverwaltung dar – so, wie wir das schon mehrfach gemacht haben.“

Der Kreis Viersen habe bereits im vergangenen Jahr drei Kreis-Beilagen im „Extra-Tipp“ veröffentlicht. Für dieses Jahr seien wiederum drei bis vier Beilagen geplant gewesen. Wegen der Coronakrise und den daraus resultierenden Aufgaben der Verwaltung habe im ersten Halbjahr jedoch keine Beilage produziert werden können. Vor Weihnachten solle aber noch eine erscheinen.

„Dem Kreistag ist die regelmäßige Publikation dieser Sonderseiten bekannt, denn er hat sie mit den Haushalten für die Jahre 2019 und 2020 beschlossen“, erklärt der Landrat. Die Sonderseiten seien im Haushalt klar aufgeführt und erläutert worden. Auch im vergangenen Januar habe die Verwaltung den Kreistag darüber informiert. „Es handelt sich um ein völlig transparentes Vorgehen. Die Mittel wurden zweckgemäß ausgegeben, und zwar für eine Routineaufgabe der Verwaltung“, so der Landrat. Am Montag teilte die Pressestelle auf WZ-Anfrage mit, dass die Kosten für eine Beilage bei 13 700 Euro liegen.

Reaktionen von CDU-Vertretern und von der FDP

Die Werbeaktion im Anzeigenblatt am vergangenen Sonntag hatte die SPD am Montag aufs Schärfste kritisiert (die WZ berichtete). „Der Landrat missachtet die Neutralitätspflicht der Kreisverwaltung im Vorfeld der eigenen Wahl, wenn er Geld der Bürgerinnen und Bürger für persönliche Werbezwecke einsetzt“, so SPD-Kreisvorsitzender Udo Schiefner. Es handele sich um einen „Skandal“.

Die Aussagen der Sozialdemokraten riefen am Dienstag auch Vertreter der CDU auf den Plan. „Die Methode der Skandalisierung und dann das Einfließen von inhaltlicher Kritik wirkt wohl eher unglaubwürdig. Dass ein vermeintlich rot-rotes Bündnis dabei in die gleiche Kerbe schlägt, ist bemerkenswert. Es ist guter Brauch unter demokratischen Parteien, mehrheitlich getroffene Beschlüsse zu akzeptieren. Gleichzeitig ist dies ein Wesensmerkmal der Demokratie, Mehrheitsbeschlüsse anzunehmen“, so CDU-Kreisgeschäftsführer Stephan Seidel.

Seidels Aussagen zielen auch darauf ab, dass die SPD den Ärger über die Werbeanzeigen im „Extra-Tipp“ genutzt hat, um angebliche Fehlentscheidungen des Landrates zum Verkauf der RWE-Aktien und zu den steigenden Kosten des Kreisarchives zu thematisieren. „Die Diskussion nimmt jetzt neue Züge an“, so der CDU-Fraktionsvorsitzende Peter Fischer. „Innerhalb der Kritik nun politische Beschlüsse in Frage zu stellen und öffentlich anzuprangern, wirkt dabei etwas befremdlich.“

Kritik an Coenen  gab es am Dienstag auch von anderen Parteienvertretern. „Es steht zwar nicht CDU drüber, aber das kann man schon als Schleich-Wahlwerbung bezeichnen“, kommentiert zum Beispiel FDP-Kreisgeschäftsführerin Birgit Jahrke bei Facebook. „Die Kreisverwaltung schaltet eine Anzeige über Projekte des Landrates eine Woche vor der Wahl. Wenn das mit öffentlichen Geldern bezahlt wurde, ist das zumindest grenzwertig.“