Landtagswahl 2022 im Kreis Viersen Landtagskandidaten stellen sich
Kempen · Hohe Energiekosten und fehlende Fachkräfte bedrohen Betriebe in ihrer Existenz. Über Lösungswege diskutierten Politiker am Dienstag in Kempen.
. (biro) Die steigenden Energiepreise und der Fachkräftemangel bewegen Betriebe in der Region, bedrohen sie gar in ihrer Existenz. Deshalb hatte die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein die Kandidaten der derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen, um ihnen in der IHK-Wahlarena „ein bisschen auf den Zahn zu fühlen“, wie es IHK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz formulierte. Zur Veranstaltung im Technologie- und Gründerzentrum in Kempen kamen am Dienstagabend die Kandidaten für den Wahlkreis Viersen II (Brüggen, Grefrath, Kempen, Nettetal und Niederkrüchten): Marcus Optendrenk (CDU), Tanja Jansen (SPD), Manuel Britsch (Grüne), Dietmar Brockes (FDP) und Peter Müller (AfD).
Moderator Frank Schiffers leitete die Runde gewohnt locker vor einem überschaubaren Kreis von Zuhörern. Zunächst ging es um den Fachkräftemangel: Es brauche in der Gesellschaft mehr Wertschätzung für Handwerk und duale Ausbildung, so Optendrenk, der auf den „Meister-Bonus“ von 3000 Euro verwies, mit dem die CDU die Meisterausbildung fördern will. Die SPD fordere seit Jahren, die Meisterausbildung komplett kostenfrei zu stellen, fügte Jansen an. Britsch warb für eine stärkere Verzahnung von Schule und Ausbildung, „Schüler müssen ein realistisches Bild des Berufslebens bekommen.“ Viele Menschen seien mit ihrem Beruf unzufrieden, deshalb müsse man ihnen flexiblere Um- und Weiterbildungsmöglichkeiten geben. Da müsse das Bafög auch für Weiterbildungen geöffnet werden, so Brockes. Müller warf die Frage auf, ob alle Studiengänge kostenfrei sein sollten. Auch müssten Unternehmen in Schulen gehen, Anreize für Schüler schaffen.
Steinmetz hatte die Runde gebeten, die digitale Ausstattung der Berufsschulen zu verbessern, auch für Lehrer zu sorgen. Bis Jahresende hätten alle Schulen in NRW den Glasfaseranschluss, berichtete Brockes, der an Schulen und Kommunen aber auch appellierte, die Kabel weiter in die Gebäude zu legen. Lehrer müssten so geschult werden, dass sie digitale Inhalte vermitteln könnten, forderte Jansen. Zur Frage, wie man Berufsschullehrer gewinnen will, gab es unterschiedliche Vorschläge, etwa durch die Möglichkeit der Ausbildung an Fachhochschulen (Optendrenk), die Gewinnung von Quereinsteigern (Brockes) oder einen pädagogischen Lehrgang für Meister (Britsch). Britsch empfahl auch, an den Schulen Mitarbeiter für die Schul-Organisation einzustellen, um Lehrer von dieser Aufgabe zu entlasten.
Mit Blick auf die steigenden Energiekosten, auch vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine, diskutierten die Kandidaten engagiert über verschiedene Lösungswege, denn: „Wenn wir überhaupt eine Zukunft auf diesem Planeten haben wollen, müssen wir uns schnell anders aufstellen“, machte Optendrenk deutlich. Wie das gelingen soll? Man müsse die Abstandsregel für Windräder abschaffen, Bürger an den Anlagen beteiligen, forderte Jansen. Britsch stimmte zu und ging noch weiter, wollte mehr Windkraft, mehr Photovoltaik, mehr Wasserstoff, eine Mobilitätswende. „Es ist wichtig, dass wir in NRW alle erneuerbaren Energien mit einbeziehen“, so Brockes, „die Niederlande legen eine Wasserstoff-Pipeline, da müssen wir mit dran.“ Er wolle gar kein CO2 reduzieren, warf Müller ein, stand mit dieser Zielsetzung aber allein da. Steinmetz verwies auf die energieintensive Industrie in NRW. Er bat die Politik um Prüfung, ob der Kohleausstieg zum geplanten Zeitpunkt richtig sei, und bat um Pragmatismus. Ob Fracking eine Möglichkeit sei, wollte ein Zuhörer wissen. Während Jansen kategorisch ablehnte („Mit der NRW-SPD wird es in der nächsten Legislatur kein Fracking geben“), wollten Brockes und Britsch die Möglichkeit zumindest prüfen, „aber ergebnisoffen“, so Britsch, „wir sollten keine neuen Fehler machen.“