Liebeserklärung an die Stadtbibliothek
Ob Bilderbücher, Romane oder Reiseführer: WZ-Mitarbeiterin Ulrike Gerards kam über ihre Kinder wieder in den Lesesaal.
Kempen. Zugegeben, es war keine Liebe auf den ersten Blick. Es begann eher als Vernunftbeziehung. „Du hast nun Kinder, da braucht man einen Bibliotheksausweis“, dachte ich mir. Schließlich sollen die Kinder Bücher und Lesen schätzen lernen. Und darum fiel mir die Kempener Stadtbibliothek bei der Frage nach meinem Lieblingsort auch nicht als erstes ein. Da gibt es doch augenscheinlich schönere Orte. In Grefrath, wo ich aufgewachsen bin, kamen mir Freibad und Eisstadion in den Sinn. Als Wahl-Kempenerin natürlich die Burg, der Grüngürtel oder der East-Cambridgeshire-Park.
Aber wenn ich überlege, an welchem öffentlichen Ort ich die meiste wirklich freie Zeit verbringe, dann ist es wohl die Bücherei. Also wird es Zeit für eine Liebeserklärung.
Mein Lieblingsplatz
Während meiner Studienzeit lernte ich die Uni-Bibliothek schätzen, in der ich viele Werke entdeckte, die man wohl mal gelesen haben muss. Umberto Eco wurde mein Lieblingsschriftsteller, „Das Foucaultsche Pendel“ eines meiner Lieblingsbücher. Aber nach dem Studium brach die Beziehung abrupt ab.
In Kempen waren es dann anfangs, wie gesagt, hauptsächlich meine Söhne, die mich zum Besuch der Räume im zweiten Stock des alten Franziskanerklosters bewogen. Ich selbst nehme mir heute zu selten Zeit für ein gutes Buch. Aber so viele Bilderbücher, wie sich die Kleinen gerne ansehen, kann man ja gar nicht kaufen.
Nach und nach entdeckte ich aber auch die Vorzüge für mich. Egal, welche neuen Ideen mir gerade in den Sinn kommen, ich finde in der Bücherei fast immer die passende Unterstützung dafür. Als wir unseren Trip nach Rom mit den Kindern planten. Als ich zwischendurch mal Lust hatte, israelisch zu kochen oder zuckerfrei zu backen. Als ich zum Einstieg ins Laufen oder in Sachen Digitalfotografie Tipps brauchte. Als ich zur Kempener Stadtgeschichte recherchierte. Für all das und noch viel mehr bietet die Bücherei Antworten und Inspiration. Dass man dort viele schöne Romane, aktuelles wie auch Klassiker, findet, versteht sich von selbst.
Auch wenn es abgedroschen klingt, zwischen den vielen unterschiedlichen Buchdeckeln stecken Welten des Wissens, die wir im Handumdrehen entdecken können. Viele Besuche dort haben für mich unvorhergesehene Wendungen genommen und ich bin mit ganz anderen Büchern und Ideen nach Hause gegangen, als ich vorher gedacht hatte.
Nach und nach habe ich mir die verschiedenen Ecken der Bücherei erarbeitet. Während die Kinder sich mit den Superhelden-Büchern in die Sitzsäcke in der Lese-Burg lümmeln, kann ich es mir mit einem Kaffee auf dem Sofa bequem machen und mir — je nach Zeit — mal wieder ein „Zeit“-Dossier gönnen oder wenigstens mal ein wenig durch eine Zeitschrift blättern.
Mittlerweile gibt es dort auch eine Spieleecke, in der wir Gesellschaftsspiele ausprobieren. Meine Kinder haben in der Bibliothek das Mini-Kino genossen, bei einem Aktionstag ein Carrerabahn-Rennen gewonnen und Kuchen gegessen, Panini-Bilder getauscht und natürlich zahllose schöne Bücher und Hörbücher entdeckt. Das engagierte Team dort schafft es, die Stadtbibliothek zu einem schönen Ort zum Verweilen, zum Schlendern, Stöbern und Entdecken zu machen. Man trifft fast immer Bekannte und aus dem geplanten Kurzbesuch wird dann auch gerne ein ganzer Nachmittag zwischen den Bücherregalen.
Ja, es begann als Vernunftbeziehung. Aber mittlerweile kann ich es mir vorstellen: die Bibliothek und ich — das könnte eine Beziehung fürs Leben werden.
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