Nettetal: Ein Afghane am Niederrhein
Flüchtling: Muhammad Farouq kam Ende der 80er Jahre nach Deutschland – vertrieben von der Gewalt in seiner Heimat.
Nettetal. Fern der Heimat ist die Unruhe groß: "Ich sorge mich natürlich um die Verwandten dort", gibt Muhammad Farouq zu. Er stammt aus Afghanistan, wurde ein Opfer des Terrors und kam als politischer Flüchtling nach Deutschland.
Heute lebt der 51-Jährige mit seiner Familie in Nettetal-Kaldenkirchen, betreibt dort einen Laden mit asiatischen Lebensmitteln: "Ich lebe gerne hier, die Menschen sind freundlich, Deutschland ist meine zweite Heimat." Muhammad Farouq blättert im Jahrbuch der internationalen Schutztruppe ISAF: "Ich muss mich aus allen Quellen informieren, was in Afghanistan passiert", meint er und schüttelt den Kopf.
"Soldaten aus über 30 Ländern sind da, aber Militäreinsätze sind keine Lösung, damit in diesem schönen und gastfreundlichen Land Ruhe einkehrt, das ist eine Aufgabe für die ganze Welt." Er selbst hat erfahren müssen: "Krieg und Gewalt können niemals Frieden schaffen." Es war die Gewalt, die den Agrar-Ingenieur und Biologen, der aktiv in der demokratischen Partei war, ins Ausland trieb: "Mein Leben war gefährdet."
Er flüchtete mit seiner Familie, das Ziel war England. Doch als so genannte Illegale wurden sie beim Zwischenstopp in Frankfurt festgehalten. 1989 kam Muhammad mit seiner Familie nach Nettetal; damals wurde das dritte Kind geboren. "Ich durfte ein Jahr nicht arbeiten, das war schlimm für mich, der Mensch muss was tun."
Sein Diplom wurde zwar in Deutschland anerkannt, doch Muhammad bekam nur Jobs auf dem Bau und eine Anstellung bei einer Spedition. "Das ist ein Problem in Deutschland", meint Farouq, "die Fähigkeiten, die Potenziale vieler Ausländer werden hier nicht genutzt."
Seit drei Jahren betreibt er seinen "Phoenix-Shop". Frische Feigen, Reis in Säckchen, bunte Kleider, kleine Haushaltsgeräte, Schmuck - Farbenpracht und Düfte verleihen dem Laden eine orientalische Note.
Seine Kunden sind, neben Deutschen und Niederländern, viele Afghanen, die zwischen Venlo und Mönchengladbach leben: "Das ist hier der einzige afghanische Laden weit und breit."
Die muslimische Familie Farouq ist beliebt in Kaldenkirchen, Muhammad Farouqs Frau war ehrenamtlich in der katholischen Kirche aktiv. "Wer richtig glaubt, kommt mit allen Menschen aus, wir sind alle von einer Erde, alle Religionen lehren, du sollst nicht töten, du sollst den Nächsten achten", sagt der Mann aus Afghanistan, der nahezu perfekt Deutsch spricht und gerne klassische orientalische Musik hört.
Lächeln ist sein Markenzeichen, trotz aller Sorgen um die Verwandten in der Heimat: "Du musst immer die Wahrheit sagen, und wenn du von Herzen freundlich bist, kommen die Leute gerne wieder."