Kreis Viersen Nur wenige Väter in Elternzeit

Im Kreis Viersen haben nur 22,2 Prozent der Väter Elternzeit genommen. Der NRW-Schnitt lag bei 26,8 Prozent.

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Ein zufällig ausgesuchter Beispielarbeitgeber: Bei Haus & Grund Krefeld/Niederrhein sind elf Männer und Frauen beschäftigt. Darunter ist ein Vater, der keine Elternzeit genommen hat. Dafür hätten viele Mütter diese Möglichkeit genutzt, sagt Michael Heß vom regionalen Eigentümerverband. Der damit offizielle Angaben bestätigt: Im Kreis Viersen haben laut Statistischen Bundesamt 498 Väter, deren Kind im Jahr 2014 geboren wurde, Elterngeld bezogen. Diese Zahl nennt die Krankenversicherung IKK classic. „Damit haben nur 22,2 Prozent der Väter im Kreis eine Elternzeit genommen, während es im NRW-Durchschnitt 26,8 Prozent waren“, so Michael Lobscheid von der Krankenkasse IKK classic. „Im Kreis Viersen liegt das durchschnittliche monatliche Elterngeld bei den Vätern bei 1191 Euro, das der Mütter bei 723 Euro. Eine enorme Diskrepanz, die schon einen Teil der Erklärung für die wenigen Väter daheim liefern dürfte.“

Denn die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem Nettoeinkommen, das der betreuende Elternteil vor der Geburt des Kindes hatte. Grundlage der Berechnung sind in der Regel die Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der letzten zwölf Kalendermonate vor der Geburt des Kindes. Das Elterngeld ersetzt mindestens 65 Prozent des nach der Geburt des Kindes wegfallenden monatlichen Erwerbseinkommens. Es beträgt mindestens 300 Euro bis maximal 1800 Euro. „Den Eltern stehen gemeinsam insgesamt 14 Monate zu, wenn sich beide an der Betreuung beteiligen und den Eltern dadurch Einkommen wegfällt. Sie können die Monate frei untereinander aufteilen. Ein Elternteil kann dabei mindestens zwei und höchstens zwölf Monate für sich in Anspruch nehmen.“ So steht es auf der Homepage des zuständigen Bundesfamilienministeriums.

Was sagt die hiesige Wirtschaft zu den nicht mal 500 Vätern in Elternzeit? „Nach unserer Einschätzung wird es daran liegen, dass es noch immer das Rollenbild des Vaters als finanzieller Versorger der Familie gibt“, so Ralf Sibben, Hauptgeschäftsführer Unternehmerschaft Niederrhein. Ein weiterer Grund sei wahrscheinlich auch die Sorge vor Nachteilen im Beruf, wenn Väter „temporär aussteigen“. Wie sieht es diesbezüglich denn mit der Unterstützung durch den Arbeitgeber aus? „Sicherlich ist es nicht in allen Betrieben gleich. Aber die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in vielen Unternehmen ein wichtiges Thema und es gibt diverse Möglichkeiten und Spielräume“, sagt Sibben. Personalverantwortliche berücksichtigten bei der Suche nach Fachkräften auch die sogenannte Work-Life-Balance — und dazu gehöre auch Flexibilität bei der Kinderversorgung. „Dass Väter, die sich um ihr Kind kümmern, an Sozialkompetenz gewinnen, liegt zudem auf der Hand. Das kann Arbeitgebern nur recht sein.“

Schwierigkeiten könne es dann geben, wenn der „Elternzeitberechtigte“ aufgrund veränderter familiärer Situationen längere oder kürzere Elternzeit in Anspruch nehmen wolle oder müsse. Dann seien die Arbeitgeber in der häufig nicht ganz leichten Situation, reagieren zu müssen. „Das hat weitreichendere Auswirkungen — insbesondere dann, wenn Ersatzkräfte eingestellt wurden,“ erklärt der Chef der Unternehmerschaft.

Der Arbeitgeberverband geht laut Sibben davon aus, dass das Bewusstsein für Familie und die Rolle eines Vaters sich weiter, allerdings nur langsam verändern werde. „Und zwar dahingehend, dass mehr Väter — auch längere Zeit — Elternzeit in Anspruch nehmen.“ Viele junge Männer wollten ihre Kinder nicht nur nach einem langen Arbeitstag sehen. „Sie wollen an Versorgung und Erziehung teilhaben und stellen ihr berufliches Engagement zurück.“ Das Bild von Familie verändere sich in der Gesellschaft ohnehin. „Da sollten Väter mit Kinderwagen nichts Besonderes mehr sein.“