Konzert in der Paterskirche Brillante Technik und verträumtes Sinnen am Piano

Kempen · Die Agentur der amerikanischen Pianistin Sara Daneshpour, die sich auf ihrer ersten Deutschlandtournee befindet, änderte kurzfristig das für Kempen vereinbarte Programm. Doch schnell war der Ärger verflogen.

Die amerikanische Pianistin Sara Daneshpour gastierte in der Paterskirche und begeisterte ihr Publikum.

Foto: Norbert Prümen

Peter Landmann, dem Organisator von „Kempen Klassik“, war der Ärger anzumerken. War ihm doch für sein „Neuem immer aufgeschlossenes Kempener Publikum“ ein besonderes Programm angeboten worden. Die aus den USA stammende junge Pianistin Sara Daneshpour hatte 24 Etüden von Frédéric Chopin vorgeschlagen, unterbrochen an zwei Stellen von drei Etüden aus dem Oeuvre György Ligetis (1923-2006). Landmann sagte gerne zu, zumal in diesem Jahr des 100. Geburtstags des aus Siebenbürgen stammenden Neutöners gedacht wird. Doch Daneshpours Agentur verfügte kurzfristig, dass – um des gesicherten Erfolges der Deutschlandtournee willen – statt Ligeti Bach gespielt werden solle und nur zwölf der Chopin-Etüden.

So begann die in Washington als Kind einer iranisch-amerikanischen Familie geborene Leon Fleisher-Schülerin den Abend in der Paterskirche mit den ersten neun Präludien und Fugen (BWV 846-854) aus Johann Sebastian Bachs monumentalem Opus „Das Wohltemperierte Klavier“. Daneshpour begreift das Werk des Thomaskantors nicht als sachlich zu interpretierende Musik. Im Gegenteil – wenn es der zuweilen fast lyrisch geprägte Melodiefluss erlaubt, versinkt sie förmlich in ihrer Wiedergabe – ohne aber die Durchsichtigkeit zu vernachlässigen.

Bestes Beispiel war zu Beginn das vielfach missbrauchte 1. Präludium. Trotz zügigem Tempo schien die Künstlerin verträumt der Melodie nachzusinnen. Zu einem der zahlreichen Höhepunkte geriet die auch technisch hoch anspruchsvolle Fuge cis-Moll, deren archaisches und vordergründig dürres Thema die Interpretin in allen Stimmen – es handelt sich um eine fünfstimmige Tripelfuge – sorgfältig ausmodulierte. Wer Sara Daneshpour zuhört, empfindet niemals die Schwierigkeiten der interpretierten Werke – so unauffällig ist ihre brillante Technik, gepaart mit untrüglischer Musikalität.

Die Pianistin, die hier noch als Geheimtipp gehandelt wird, in den USA aber bereits große Erfolge verbuchen konnte, wurde mit Chopins 12 Etüden op.25 technisch noch mehr gefordert als bei Bach.

Doch auch hier überzeugte sie, reduzierte ihr Spiel nicht auf polternde Virtuosität, sondern entlockte den romantischen Kompositionen Emotionalität. Ob es die klanggesättigte „Harfenetüde“ oder das halsbrecherische abschließende „Allegro molto con fuoco“ war – alles fesselte, ohne nur ein einziges Mal martialisch zu erscheinen. Das Publikum bejubelte den Gast, freute sich über eine Zugabe und ging reich beschenkt nach Hause.

(oeh)