Kempen Praline Taormina schmeckt wie Italia
In der Schokoladenmanufaktur von Stefan Pasch entwickeln sich unerwartete Genuss-Momente — wenn süße Kuvertüre Kaffee, Honig, Nuss und Orange umhüllt.
Kempen. Herzhaft, süß, gesund? Fast möchte man meinen, Stefan Pasch, Jahrgang 1963, konnte sich bei der Planung seines beruflichen Lebenswegs nicht entscheiden. Koch, Konditormeister, Diplom-Ökotrophologe. . . In jedem Fall bündelte er Wissen über Ernährung mit der Neugier auf neue Geschmackskombinationen und Kreativität. Seit fast fünf Jahren nun auch als selbstständiger Café-Betreiber mit eigener Schokoladenmanufaktur an der Ellenstraße in Kempen.
Der Kuvertüren-Küche ist ein kleines Café vorgelagert. Die Regale und Vitrinen sind Schaufenster der handgefertigten Pralinen-Kugeln, Kempener Klötzchen, Stängelchen und Tafeln. Unter Glashauben lehnen Kuchenstücke und Nussecken aneinander. Die Kaffeemaschine dampft und sendet Aromen in den Raum. Eine Wohnküchen-warme Atmosphäre.
Die Küche ist funktional. Aber hier ist Platz für kreative Prozesse zwischen Herdplatte und Backtisch. Hier rührt und mischt der Meister, komponiert neue Geschmackserlebnisse. Mit gerösteten Haselnüssen, zartbitter umhüllt oder in Kakao gewälzt.
Als Jugendlicher, dessen Eltern in Mönchengladbach eine Bäckerei führten, machte Stefan Pasch zunächst eine Kochlehre. Der frühe Arbeitsbeginn eines Bäckermeisters hatte ihn allerdings von einer Bäckerlehre abgeschreckt, obwohl er von einem „wundervollen Beruf“ spricht.
WZ-Serie: Manufaktur
Dem Koch ließ er nahtlos drei Ausbildungsjahre zum Konditor folgen. Kochen habe seine Passion noch nicht ausreichend getroffen. Dieser lehrreichen Zeit schloss er drei Gesellenjahre in Konditoreien in Schiefbahn und Düsseldorf an. Auf Traumschiffen heuerte er an, fertigte täglich im Akkord 760 Dessertgänge für Passagiere, die Meer und Karibik genossen. Dazu reichte die Crew Schwarzwälder Kirsch im Glas.
Stefan Pasch über das Klima in der Küche
Nach Gesellenjahren und Meisterbrief ergab sich der Schritt in die Selbstständigkeit und die Produktion in der eigenen Café-Küche. „Irgendwann will dieser Wunsch in einem einmal raus“, sagt Pasch.
Seitdem produziert er nahezu täglich Kuchen, feines Gebäck, Schokoladentafeln und Pralinen oder kreiert Herzen in Vollmilch und Zartbitter, modelliert grüne Blätter und rote Maikäferkörper aus Marzipan. Und verreist in Gedanken, wenn er Kaffee, Honig, Nuss und Orange zu einer Pralinenkugel formt, die den Namen der sizilianischen Stadt Taormina trägt: „Wenn man da hineinbeißt, schmeckt man Italien.“
Für seine Kreationen benötige er seine Hände, seine aufmerksamen Augen und die Zunge. Das Geschmackserlebnis soll mehrere Sinne beleben. Die Praline Quee Elisabeth II. zum Beispiel, die nach Earl Grey Tee und Limone schmeckt. Oder die „23“ mit dem Untertitel „Heavy Metal“, die das Außergewöhnliche der Musikrichtung in Geschmack umsetzen soll: wenn Balsamico-Essig auf Aprikosen trifft.
Während Pasch erzählt, formen seine flinken Finger wie von selbst und mühelos Rosenblüten. Dann rührt er die weiße Kuvertüre in einer Metallschüssel. Er stellt sie immer wieder auf einen Topf mit heißem Wasser, nimmt die Schüssel wieder herunter, stellt sie auf ein Tuch, rührt weiter und achtet genauestens darauf, dass die weiße Masse nicht verbrennt. „Schokolade ist wie Hefeteig. An warmen Tagen reagiert sie anders.“ Er lässt sie nicht aus den Augen. Dann, von einer zur anderen Sekunde, befindet er die Masse aus Kakaobutter, Milchpulver und Zucker für gut und füllt sie in Schokoladentafelformen um — drei Tafeln nebeneinander. In die erste Tafel steckt er 24 Nüsse, die andere bestreut er mit karamellisierten gestifteten Mandeln, die dritte mit Rosenblüten. 30 Minuten in den Kühlschrank — dann können sie fest und fertig weiter ins Café gereicht werden.
Ostern und Weihnachten sind die produktionsreichsten Zeiten. Aber auch in den Sommermonaten muss das Angebot vielfältig sein. Pasch: „Man darf nicht einschlafen. Ich möchte keine Routine aufkommen lassen. Jeder Tag ist anders.“ Schmeckt vielleicht nach Apfel, Zucchini und Basilikum, weil Pasch auch eigene Konfitüren mischt. Genug von Süßem bekommt er nicht. „Ich versuche jeden Tag, ein Stück Kuchen zu bekommen.“ Trotzdem hält der Ernährungsfachmann seine schlanke Linie. Sein Geheimnis: „Ich mache keine Pause.“ Eine kreative schon gar nicht.